Auf Rekordjagd in New York

Die monumentale Spinne von Louise Bourgeois kommt bei Christie’s mit einer Schätzung von 25 bis 35 Millionen Dollar zum Aufruf.
Die monumentale Spinne von Louise Bourgeois kommt bei Christie’s mit einer Schätzung von 25 bis 35 Millionen Dollar zum Aufruf.APA/AFP/TIMOTHY A. CLARY
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Kommende Woche wird bei Christie's, Sotheby's und Phillips Kunst im Wert von mehr als eineinhalb Milliarden Dollar versteigert.

Kommende Woche gehen in New York die Prestigeauktionen für Impressionismus, Moderne und zeitgenössische Kunst der Marktführer Christie's, Sotheby's und Phillips über die Bühne. Zwischen 13. und 16. Mai werden bei den großen Abendauktionen Kunstwerke im Wert von 1,5 Milliarden Dollar aufgerufen. Dazu kommen dann die sogenannten Daysales. Im Vorjahr lag der Gesamtschätzwert der drei Häuser bei 1,9 Milliarden Dollar. Das inkludierte aber auch die Rockefeller-Auktion, die Christie's allein 833 Millionen Dollar einbrachte. Doch der Kunstmarkt lebt von den drei Ds: Death, Divorce, Debt, also Tod, Scheidung und Schulden. So kommen immer wieder wichtige Sammlungen zum Verkauf.

Provenienz zieht. Christie's hatte etwa den Nachlass des Verlegers S. I. Newhouse, der das Medienimperium Condé Nast führte, akquiriert. Die Sammlung umfasst hochkarätige Kunst vom Impressionismus über Moderne und Nachkriegskunst bis zur Gegenwartskunst und soll 130 Millionen Dollar einbringen. Zu den Toplosen gehört Paul Cézannes Stillleben mit Früchten „Bouilloire et fruits“, das eine interessante Provenienz aufweist. Es war im Besitz des Sammlers Michael Bakwin, dem es 1978 gestohlen wurde. 1999 erlangte er es wieder, entschied sich dann aber, es zu verkaufen. Sotheby's versteigerte es für 29,3 Millionen Dollar an Newhouse. Bei der kommenden Auktion soll es um die 40 Millionen Dollar einbringen. Ein weiteres Spitzenlos aus der Sammlung ist eine Herbstlandschaft „Arbres dans le jardin de l'asile“ von Van Gogh, die Newhouse seinerzeit über Larry Gagosian erwarb und nun mit einer Schätzung von 25 Millionen Dollar zum Aufruf kommt.

Ebenfalls bei Christie's kommen aus der Sammlung von Robert und Buddy Mayer, den Gründern des Museum of Contemporary Art in Chicago, einige Hauptwerke der Pop-Art unter den Hammer, darunter Robert Rauschenbergs Öl- und Siebdruckgemälde „Buffalo II“ von 1964, das den bisherigen Rekord von 18,6 Millionen Dollar für „Johanson's Painting“, erzielt 2015 bei Christie's, brechen wird. Es hat eine Schätzung von 50 bis 70 Millionen Dollar und ist mit einer Garantie versehen. Die gesamte Sammlung soll mehr als 125 Millionen Dollar einbringen. Zu den weiteren Toplosen bei den Christie's-Auktionen zählen Picassos Porträt „La lettre (La réponse)“, das auf 20 bis 30 Millionen Dollar geschätzt ist, und eine Skulptur aus Kalkstein von Modigliani, die noch nie bei einer Auktion war und 30 bis 40 Millionen Dollar einbringen soll.

Bei der zeitgenössischen Kunst gibt es neben Rauschenberg noch zwei Rekordanwärter: Jeff Koons frühe Stahlskulptur „Rabbit“ und eine monumentale Spinnenskulptur von Louise Bourgeois. Koons Hase gilt als eines seiner Schlüsselwerke und war 2014 in der Retrospektive im Whitney Museum ausgestellt. Sein bisheriger Rekord liegt bei 58,4 Millionen Dollar für einen „Balloon Dog (Orange)“, erzielt 2013 ebenfalls von Christie's. Den Hasen schätzt das Haus auf 50 bis 70 Millionen Dollar.

Monumentale Spinne. Bourgeois „Spider“ wiederum könnte nicht nur einen neuen Rekord für die Künstlerin bringen, sondern hat auch das Potenzial zum teuersten Kunstwerk zu werden, das je von einer Künstlerin bei einer Auktion verkauft wurde. Dieser Rekord ist seit 2014 ungebrochen. Den Titel hält die abstrakte Expressionistin Georgia O'Keeffe mit einem Hammerpreis von 39,5 Millionen Dollar für „Jimson Weed/White Flower No 1“. Die drei Meter hohe Spinne von Bourgeois ist eine von sechs Skulpturen einer Serie. Eine davon wurde 2015 für 25 Millionen Dollar zugeschlagen. Die jetzige Schätzung liegt bei 25 bis 35 Millionen Dollar.

Sotheby's geht mit einem Heuhaufen von Claude Monet als Toplos ins Rennen. 2016 erzielte ein anderes Gemälde aus der Serie „Meules“ einen Zuschlag von 72,5 Millionen Dollar. Es ist das zweitteuerste Werk von Monet. Insgesamt malte Monet 25 Heuhaufen zu unterschiedlichen Jahres- und Tageszeiten. Das zur Auktion gelangende ist eines der größten Formate und soll mehr als 55 Millionen Dollar wert sein. Ein Bild der Lebensfreude ist „La jeunesse de Bacchus“ von William Bouguereau. Die bacchantische Szene nackt tanzender und musizierender Frauen und Männer ist von monumentaler Größe und daher wohl vor allem für ein Museum geeignet. Der Schätzpreis liegt bei 25 bis 35 Millionen Dollar. Erwähnenswert ist auch ein „Liegender Akt“ von Max Beckmann aus der Gerald L. Lennard Foundation, der es 2004 bei Sotheby's für 2,5 Millionen Dollar kaufte. Jetzt ist es auf drei bis fünf Millionen Dollar geschätzt.

Höhepunkt der Auktion für zeitgenössische Kunst bei Sotheby's ist eine Arbeit „Untitled“ von Mark Rothko. Sie kommt aus der Sammlung des Museum of Modern Art in San Francisco. Das Museum verkauft es, um Neuankäufe finanzieren zu können. Die Taxe liegt bei 35 bis 50 Millionen Dollar und es liegt eine Garantie vor. Erwähnt sei noch die Arbeit „The Eye is the First Circle“ von Jackson Pollocks Frau Lee Krasner. Sie stand zwar immer im Schatten ihres weltbekannten Mannes, aber ihre Preise haben sich über die vergangenen Jahre kontinuierlich nach oben entwickelt. Ihr derzeitiger Höchstpreis liegt bei 5,5 Millionen Dollar erzielt 2017 bei Christie's. Bei der kommenden Auktion wird sie in die Riege der wenigen Künstlerinnen aufsteigen, die achtstellige Preise erzielen, denn die Schätzung liegt bei zehn bis 15 Millionen Dollar und hat auch einen garantierten Abnehmer.

Phillips kann mit einem Selbstporträt von Jean-Michel Basquiat aufwarten, das neun bis zwölf Millionen Dollar wert sein soll und aus der Sammlung von Hip-Hop-DJ Matt Dike stammt, der es 1983 direkt von Basquiat erwarb. Phillips wurde mit dem Verkauf des Nachlasses von Matt Dike beauftragt.

Bei den Frühjahrsauktionen in New York kommt eine besonders hohe Dichte an hochkarätigen Sammlungen zur Versteigerung. Topware ist das A und O im Topsegment. Die Versteigerungen in London im März sind nur mäßig gelaufen, was vor allem den fehlenden Höhepunkten geschuldet war. Die Mehrheit der Lose war nur mittelklassig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2019)

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