Albertina: Eine Dürer-Ausstellung, ihrer Natur nach großartig

Neuer Fokus, neue Interpretationen, neue Zuschreibungen – die große Dürer-Ausstellung enttäuscht nur nicht. Sie begeistert.

Wie lang ist sie her, die letzte große Dürer-Ausstellung der Albertina, Hüterin des weltweit größten (140) und bedeutendsten („Feldhase“, „Rasenstück“, „betende Hände“) Grafikbestands dieses deutschen Meisters? 16 Jahre! 2003 war es, im ersten Jahr der Eröffnung der Albertina neu unter Klaus Albrecht Schröder. Mit einer zweiten, vergleichbar großen (200 Werke) Dürer-Schau wollte er heuer in Pension gehen. Dann bemühte er sich aber doch noch (erfolgreich) um Verlängerung. Womit dieser erneute Dürer-Gewaltakt terminlich in der Luft zu hängen scheint, jährt sich sein 550. Geburtstag erst 2021.

Egal. Sie ist da. Und haut einen (wieder) um. Die gleiche unfassbare Flut an Dürer-Zeichnungen, Aquarellen, Druckgrafik, gemischt mit ausgesuchten Gemälden aus aller Welt, präsentiert in gleicher samtener Atmosphäre (wenig Licht, satte Wandfarben) wie einst. Im Gegensatz zu 2003 aber setzt man diesmal den Schwerpunkt verstärkt auf Dürer als Beobachter der umgebenden Natur, nicht so sehr auf Dürer als Beobachter seiner selbst. Was wohl auch daher rührt, dass man keine so prominente Leihgabe wie das Selbstbildnis (1498, Prado) bekam, das damals vom Katalogcover blickte.

ALBERTINA AUSSTELLUNG 'ALBRECHT DUeRER'
ALBERTINA AUSSTELLUNG 'ALBRECHT DUeRER'APA/HERBERT NEUBAUER

Diesmal präsentiert man hier den „Blaurackenflügel“, eine der berühmten großen Naturstudien aus eigenem Bestand. Das sagt eigentlich schon alles über den neuen Fokus, der nicht minder spektakulär ist. Erstmals durfte die „Madonna mit der Iris“ aus der National Gallery in London reisen, die zwar dem Dürer-Mitarbeiter Hans Baldung Grien zugeschrieben ist, im Hintergrund aber eindeutig die große Iris (s. Abb.) aus Dürers Werkstattbestand zeigt, die man jetzt aus der Kunsthalle Bremen wieder an die Albertina zurückholte. Zurückholte? Das Blatt zählte zu etwa 200 Dürer-Zeichnungen, die der erste Direktor der Albertina-Sammlung François Lefèbvre während der französischen Besatzungen 1805 und 1809 unter der Hand verscherbelte – und heute daher auf Museen weltweit verstreut ist. Ein historischer Kunstkrimi.

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