Ein Autor, der das Wiener Herz ganz genau kannte

(c) Teresa Zötl
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In der Nacht auf Montag starb der 1924 in Wien geborene, 1939 vor den Nazis geflüchtete Autor Frederic Morton.

Seine Bücher bringen die Welt von gestern zum Leben, sein Roman „Ewigkeitsgasse“ (in deutscher Übersetzung 1996) zählt zu den bedeutenden Werken der Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg – es ist die Geschichte einer jüdischen Familie ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Frederic Morton, der als Fritz Mandelbaum am 5. Oktober 1924 in Wien geboren wurde und in der Thelemangasse in Wien-Hernals aufwuchs, lässt in diesem Buch viel Autobiografisches anklingen. Er entstammte einer Familie von Eisenwaren-Fabrikanten. Als Juden mussten sie nach dem Anschluss Österreichs an Adolf Hitlers Deutsches Reich flüchten, sie gingen 1939 ins Exil nach England, ein Jahr später kamen sie nach New York. Dort änderte der Vater den Familiennamen auf Morton.

Der Sohn arbeitete zunächst als Bäcker, studierte Literatur an der Columbia University und der New School for Social Research in New York. Er wurde Journalist. Nach dem Krieg kam Frederic Morton als US-Korrespondent zeitweise nach Wien zurück, er arbeitete unter anderem für die „New York Times“ und das Magazin „Esquire“. Zudem unterrichtete er an mehreren Universitäten englische Literatur und war auch schon als Schriftsteller hoch aktiv. Er kultivierte einen eleganten satirischen Ton.

Romane, die zu Musicals wurden

Seine Bücher wurden internationale Bestsellern. Der Durchbruch gelang ihm 1962 mit dem Roman „Die Rothschilds“, er wurde in 23 Sprachen übersetzt und diente als Vorlage für ein mit Tony Awards ausgezeichnetes Broadway-Musical. Auch aus seinem Roman „Ein letzter Walzer“ entstand ein Musical, „Rudolf – Affaire Mayerling“ lief ein Jahr lang am Wiener Raimund Theater.

Bis ins hohe Alter blieb Morton aktiv, produktiv und an Österreich interessiert. (Zahlreiche seiner Essays erschienen im „Spectrum“.) Seine Heimatstadt dankte ihm das Interesse und freundschaftliche Engagement, indem sie ihm höchste Auszeichnungen verlieh. Man ernannte ihn zum Professor, er erhielt das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, sowie die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold. Frederic Morton, dieser aufgeklärte, Weltbürger aus Hernals, blieb stets gelassen, kritisch und selbstkritisch: „Ach Gott“, sagte er vor fünf Jahren im Interview mit der „Presse“, „ich bin ein widerwilliger Atheist.“ (red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2015)

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