Ein Museum für Boris, den Kater

Erwin Mosers Frau, Ruth, kümmert sich um das kleine, hübsche Museum in Gols.
Erwin Mosers Frau, Ruth, kümmert sich um das kleine, hübsche Museum in Gols.Die Presse/Clemens Fabry
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Gols im Burgenland ist vor allem für seinen Wein bekannt. Hier findet sich aber auch ein rührendes kleines Museum, das dem Kinderbuchautor Erwin Moser gewidmet ist.

Der beneidenswerte Kater, der im Lehnstuhl sitzt, vom Ofen gewärmt wird und im weichen Licht der Leselampe ein Buch im wunderbaren Leseturm liest, der bis an die Decke mit Bücherreihen gefüllt ist. Oder der Dachs, der verärgert aus seiner Baumhöhle schaut, weil der Specht wieder einmal zu laut an den Baumstamm klopft.

Der Kater, der Dachs. Manuel und Didi, die zwei Abenteurermäuse. Der Katzenkönig Mauzenberger: Es ist ein Wiedersehen mit den kleinen Helden von früher, mit denen viele Kinder der 1980er-Jahre (und auch die Generationen danach) aufgewachsen, von denen sie in zahlreichen Gute-Nacht-Geschichten ins Bett gebracht worden sind. Im kleinen Gols am Neusiedler See hängen sie großformatig an den Wänden oder sind in Buchform in den Vitrinen ausgestellt. In jenem Museum, das dem wohl bekanntesten Golser, dem Kinderbuchautor und Illustrator Erwin Moser, gewidmet ist. Vor zwei Jahren, anlässlich von Mosers 60. Geburtstag, wurde das Museum eröffnet. Gezeigt wird hier freilich nur ein kleiner Teil des großen Werks – Moser hat mehr als 150 Kinderbücher geschrieben und illustriert und dabei viele tierische Helden erschaffen –, vom Kater Boris über Koko, den Koalabären, bis zu Winzig, dem Elefanten.

Drei Räume umfasst das Museum, das zentral am Hauptplatz vom Gols im ersten Stock eines alten Bauernhauses – dem ältesten Haus in Gols – untergebracht ist. Die Atmosphäre der alten Bauernstube ist hier auch heute noch spürbar. Im größten Raum, der alten Stube, in der der wunderbar alte Holzboden noch erhalten ist, hängen an den Wänden viele Originale, deren Kopien man aus Mosers Kinderbüchern und den Kalendern kennt. Neben manchen dieser Bilder sind Mosers Entwürfe aufgehängt – als Besucher kann man so die grobe Skizze und die bis ins kleinste Detail liebevoll gestaltete fertige Illustration vergleichen.

Wer Zeit hat, kann hier lang verweilen und immer wieder ein neues Detail entdecken. Oder am Tisch Platz nehmen und in den alten Büchern blättern. Viele sind vergriffen, wenn auch seit einigen Jahren die Werke nach und nach wieder aufgelegt werden: So sind heuer etwa die „Wunderbaren Gute-Nacht-Geschichten“ und das „Katzen-ABC“ wieder erschienen, im nächsten Jahr soll es wieder einen Erwin-Moser-Kalender geben. Auch erstaunlich viele fremdsprachige Ausgaben von Mosers Werken kann man in den Vitrinen bestaunen, wurden viele Erzählbände und Geschichtensammlungen doch in zahlreiche Sprachen übersetzt, von Spanisch bis Chinesisch. Eben erst sind einige Bände auf Ukrainisch und Russisch erschienen.

Höhlen und Baumhäuser. Betrieben wird das Museum vom angrenzenden Weinkulturhaus Gols, gestaltet wird es von Erwin Mosers Frau, Ruth – „Ich liebe es, es ist meine Leidenschaft“ –, die hier gegen Voranmeldung ab und zu auch Führungen anbietet (und dabei eine ganze Fülle an Anekdoten erzählen kann). Auch die Bilder werden immer wieder ausgetauscht: „Es gibt viel mehr, als wir in diesen Räumen zeigen können“, sagt Ruth Moser. Seit ihr Mann vor einigen Jahren an der Nervenkrankheit ALS erkrankt ist (und daher auch selbst nicht mehr zeichnen kann), kümmert sie sich – in Absprache mit ihm – nicht nur um das Museum, sondern auch darum, dass seine Werke wieder aufgelegt und weiterhin in andere Sprachen übersetzt werden.

Im kleinen, zweiten Raum des Museums hängen vor allem jene Bilder Mosers, die bestens zur Atmosphäre in der ehemaligen Rauchküche passen: Höhlen, Baumhäuser und andere heimelige Orte, in denen etwa eine Maus und Insekten einer Gute-Nacht-Geschichte lauschen, die ihnen eine Eule bei Kerzenschein vorliest. „Warmherzige Geschichten mit leisen Tönen, aber nie mit erhobenem Zeigefinger“, so beschreibt Mosers Frau, Ruth, das Werk ihres Mannes: Seit 41 Jahren ist sie an seiner Seite, erlebte auch die Anfänge – Moser machte zuerst eine Ausbildung zum Schriftsetzer, ehe er vom Verlag Beltz und Gelberg entdeckt wurde – mit.

Im kleinen Museum hat aber auch Mosers weniger bekanntes Schaffen seinen Platz gefunden. So wissen wohl nicht viele, dass Moser, dessen Kinderbücher ab 1980 publiziert wurden, auch immer wieder wunderbare Landschaftsbilder (mit Feder, manche davon aquarelliert) und Stillleben schuf. Einen Teil davon kann man im dritten Raum des Museums entdecken. Gezeigt werden aber etwa auch seine Manuskripte, mit Füllfeder geschrieben. Auf einer Tafel sind sämtliche Preise vermerkt, die Moser im Lauf der Jahre verliehen wurden, von diversen Kinder- und Jugendbuchpreisen bis zum Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien.

Das Haus der 400 Weine. Besuchen lässt sich das Museum den Sommer über täglich von 10.00 bis 19.00 – und bietet sich daher für einen Abstecher vor oder nach einem Badetag am Neusiedler See oder als kleiner Ausflug während der Urlaubstage im Burgenland an. Unbedingt vorbeischauen sollte man dann auch im 2003 eröffneten Weinkulturhaus Gols, das direkt daneben liegt und in dem es auch Poster oder Lesezeichen von Erwin Mosers Bildern zu kaufen gibt.

90 Golser Winzer sind hier mit mehr als 400 Weinen vertreten, die Weinflaschen gibt es im (sehenswerten) Keller zu Ab-Hof-Preisen. Immer wieder finden auch Lesungen oder Ausstellungen statt. Sehr nett klingt auch die Weinweg-Gols-Führung, bei der man zuerst durch die Weingärten wandert, ehe man – erraten – den einen oder anderen Wein verkostet.

Die nächsten Termine gibt es am 6. und 7.8. sowie 27. und 28.8., anmelden kann man sich unter info@weinkulturhaus.at oder 02173/20 039.

Steckbrief

Erwin Moser
Der Kinderbuchautor, Jahrgang 1954, wuchs in Gols am Neusiedler See auf. Anlässlich seines 60. Geburtstags wurde in Gols 2014 das Erwin Moser Museum eröffnet.
Adresse: Hauptplatz 20, 7122 Gols.
Geöffnet: täglich von zehn bis 19 Uhr, ab November von zehn bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.

www.erwinmoser.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2016)

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