Nur ein Türke

Krimiautor André Pilz überlässt die Wohlfühlzonen anderen. Beeindruckend porträtiert er Außenseiter wie den türkischstämmigen Kleinkriminellen Tarik.

Der gebürtige Vorarlberger André Pilz ist wohl einer der meistunterschätzten deutschsprachigen Krimiautoren. Das mag daran liegen, dass er Geschichten von Skinheads, Drogendealern und wie nun in „Der anatolische Panther“ von vorbestraften, türkischstämmigen Kleinkriminellen schreibt. Davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen.

Nachdem in seiner Wohnung ein gestohlener Flachbildfernseher gefunden wird, hat ein Polizist den jungen Tarik, der in diesem Fall gänzlich unschuldig ist, in der Hand. Er soll sich in die Moschee des Hasspredigers Derwisch einschleusen. Tarik, der selbst über sich sagt, er sei „nur ein Kanake“, muss mitspielen, um den schwerkranken Baba, seinen Großvater, der für ihn aber wie ein Vater ist, zu beschützen. Schließlich sieht sich der Verzweifelte gezwungen, die Hilfe eines weiteren gesellschaftlichen Außenseiters, des „Zigeuners“ Ibo, anzunehmen.

Der Autor siedelt seine Geschichte im München des Vorjahres an, das sich mit massiven Flüchtlingsströmen konfrontiert sieht. Man könnte bekritteln, dass hier und da ein wenig Sozialromantik durchschimmert. Doch wen stört das schon? Gute, harte Kriminalliteratur muss nicht nur dem Realismus frönen.

Alles in allem ist die Lektüre keine übliche Underdogüberhöhung, sondern ein mit Sympathie für seine Figuren erzählter Kriminalroman, verknüpft mit einer wunderbar altmodischen Liebesgeschichte. Tarik und seine Begleiter bleiben über die Lektüre hinaus haften. phu

André Pilz: „Der anatolische Panther“, Haymon Verlag, 472 Seiten, 12,95 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2016)

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