Anna Baar: Von der Schwere des Südens

Er hat viel erlebt und erlitten. Zu Beginn von Anna Baars Roman „Als ob sie träumend gingen“ klaubt der sterbende kroatische Partisan Klee seine Erinnerungen zusammen. Am Ende liegt ein strapaziöses Leben des 20. Jahrhunderts in Bruchstücken vor – kunstvoll gemacht, doch überladen.

Man sieht nur mit dem Herzen gut. Anna Baar gibt den kleinen Prinzen, wenn sie im Vorspruch ihres Romans „Als ob sie träumend gingen“ den Leser auffordert, nicht „im Augenschein die Wahrheit“ zu suchen, sondern als „Liebender und offenen Herzens Staunender“. Ihre Biografie des Partisanenkämpfers Klee ist deshalb nicht als Chronologie der Ereignisse hin angelegt, sondern als Traumprotokoll. Das ist ein legitimes Verfahren der Literatur. Schließlich geht es nicht um eine historische, sondern um eine Wahrheit, die über die Tatsachen hinausweist. Es geht um das Sichtbarmachen der Tragik eines Lebens, nicht um das konkrete Leben, wie es verlaufen ist. Auch Büchners „Danton“ oder Schillers „Wallenstein“ oder Stefan Zweigs „Maria Stuart“ ist als Biografie unbrauchbar, doch welche Perspektiven eröffnen sie!

So gesehen ist der zweite Roman der 1973 in Zagreb geborenen und in Klagenfurt und Wien aufgewachsenen Anna Baar sehr kunstvoll. Getreu ihrem poetischen Programm stellt sie das Leben ihres Helden Klee auf eine fantastische – fast möchte man sagen – delirierende Art dar. Sie erweitert damit das Spektrum der jüngeren Tradition der Faction-Literatur, etwa einer Maja Haderlap, Melinda Nadj Abonji oder Katja Petrowskaja, die Erzähltes, Erinnertes, Erfahrenes mit Recherchiertem kombinieren und so einer autobiografischen Literatur Neues abgewinnen. Bei Anna Baar geht das diesbezügliche Signal davon aus, dass der Name des Ortes, an dem die Geschichte spielt, erfunden ist. Der Schauplatz lässt sich aber im Süden Dalmatiens verorten, jener Gegend, in der Anna Baar sommers über ihre Kindheit verbracht hat. Es ist eine karge, sonnenverbrannte Region. Dementsprechend sind die Menschen dort ausgedorrt und hart – zu sich selbst und zu anderen. Im Verlauf des Buches wandern einige nach Amerika oder Australien aus.

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