„All Cops are Bastards“: Aus der Sicht der Polizei

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Warum Italiens Polizisten beim G8-Gipfel in Genua folterten. Ein mutiger Roman.

Im Sommer 2001 erlangte die italienische Polizei zweifelhaften Weltruhm. Bilder ihres ziellosen, brutalen Eingreifens gegen Demonstranten beim G8-Gipfel in Genua sorgten für entsetzte Schlagzeilen. Aus Genua berichtete damals auch der italienische Journalist Carlo Bonini. Ihn ließ die Frage nicht mehr los: Warum kam es zu diesem Ausbruch unkontrollierter Gewalt?

Bonini schaute genauer hin. Er sprach mit Augenzeugen, studierte Prozessakten. Die Rechercheergebnisse verarbeitete er zu diesem Roman: Er schlüpfte in die Haut von Vize-Polizeichef Michelangelo Fournier, „Drago“ und „Sciatto“ – drei römischen Bereitschaftspolizisten, die nach Genua angeklagt wurden. Er erzählt, wie diese Männer, darunter überzeugte Faschisten, an den Staat glauben und zugleich an ihm verzweifeln.

Bonini schildert deren harten Arbeitsalltag in Rom: den „Krieg“ der stets unterbesetzten Einheiten gegen Hooligans im Stadion, die Angriffe von Neo-Nazis und Roma. Er beschreibt demütigende Übergriffe gegen illegale Einwanderer und sinnlose Kämpfe gegen die Müllmafia. In Boninis Roman wird deutlich, wie sehr die „Straße“ außer Kontrolle geraten ist. Und wie machtlos die Polizei. Er lenkt den Blick auf eine Realität, die bürgerliche und linke Kreise nicht wahrhaben wollen. Er schreibt über eine Wut, die sich täglich aufstaut. Bis es zur Explosion kommt – wie in Genua.

Bonini rechtfertigt weder die Gewalt noch verdammt er das Verhalten der Polizei. Als guter Journalist stellt er dar und produziert eine schonungslos-ehrliche Fotografie der hässlichsten Seiten Italiens: ein mutiges Buch.

Carlo Bonini: „ACAB“, übersetzt von Karin Fleischhanderl, Folio Verlag, 192 Seiten, 18 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2018)

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