Paradiesvogel mit ewiger Lust am Leben

Sie führt ein abenteuerliches Leben und schreibt darüber: Gina Kaus.
Sie führt ein abenteuerliches Leben und schreibt darüber: Gina Kaus.(c) ullstein bild via Getty Images (ullstein bild Dtl.)
  • Drucken

Nur wenige wissen von Gina Kaus, einer der schillerndsten Figuren der Wiener Künstlercafés. Karl Kraus ist von ihr begeistert, Hilde Spiel nennt sie eine „Löwin der Literatur“. Das brodelnde Berlin der 1920er-Jahre steigert ihr Selbstbewusstsein. Am Ende reüssiert sie in Hollywood als Drehbuchautorin.

Die junge Schriftstellerin wagt es, dem schärfsten Kritiker seiner Zeit ihre Novelle „Der Aufstieg“ zum Lesen zu geben. Voller Angst, dass Karl Kraus, der „in einem bestimmten Sinn das Gewissen der Welt repräsentierte“, ihr Selbstwertgefühl mit einer einzigen Zeile vernichten könnte. Doch bereits am nächsten Tag, als er Gina Kaus zu einem Ausflug abholt, streckt er ihr beide Hände entgegen und meint: „Sie haben mich nicht enttäuscht, ich habe nicht einen einzigen Fehler gefunden, Ihre Novelle ist wirklich gut.“

Die Geschichte von einem neurotischen Literaten, der auf gesellschaftlichem Parkett mithilfe psychologischer Tricks zu reüssieren versucht, bedeutet den literarischen Durchbruch: Karl Kraus ist von Ginas „Talent zur Ehrlichkeit“ überzeugt: „Für mich war es, als ob ein Staudamm gebrochen wäre, es verursachte mir eine wilde, beinahe sinnliche Freude, ihm alles zu erzählen.“

Bis zum Tod verbunden. Kraus ist einer der wenigen Verehrer Ginas, der ihr zwölf Jahre, bis zu seinem Tod – ohne sexuelle Avancen – verbunden ist. Schmeichelhafte Komplimente, behutsame Berührungen, nur ein gelegentliches Du, tägliche Telefonate, Landpartien im Tatra-Automobil mit gemietetem Chauffeur in die Umgebung Wiens sollten Kraus genügen. Erst „viel später habe ich begriffen“, schreibt die Gefährtin in ihren Memoiren über den väterlichen Freund, dass „seine Erotik vornehmlich darin bestand, sich Frauen, an denen er interessiert war, mit anderen Männern vorzustellen – eine höchst harmlose Perversion, die aber sehr stark bei ihm entwickelt war“.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.