Köhlmeier zum Nachlesen: "Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle"

Michael Köhlmeier
Michael KöhlmeierClemens Fabry, Presse
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Die Rede des Schriftstellers anlässlich einer Gedenkveranstaltung im Mai in der Wiener Hofburg sorgte für Applaus sowie für heftige Kritik von ÖVP und FPÖ. Nun ist sie, neben anderen, in Taschenbuchform erschienen.

Im Verlauf des Gedenkjahres wurden zahlreiche Reden gehalten. Jene, die wohl die meisten Schlagzeilen hervorrief, war jene, die der Schriftsteller Michael Köhlmeier am 4. Mai in der Wiener Hofburg hielt. Anlass war das Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus, Adressat waren die Spitzen des Staates. Köhlmeier begann die Ansprache mit den Worten: "Sehr geehrte Damen und Herren, erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle." Es folgten sechs Minuten, in denen unter anderem folgender Satz fiel: "Es hat auch damals schon Menschen gegeben, die sich damit brüsteten, Fluchtrouten geschlossen zu haben." Er löste eine heftige Debatte aus.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ortete darin eine direkte Kritik an seiner Person und wies den NS-Vergleich auf das Schärfste zurück: "Die Aussage, dass es auch damals Menschen gegeben hat, die Fluchtrouten geschlossen haben, zielt eindeutig auf Nazis und Nazi-Kollaborateure ab", sagte der Regierungschef in einem Interview. Auch die FPÖ übte scharfe Kritik. Köhlmeier konterte, er halte an seinen Worten fest.

Mittlerweile ist die Rede, neben anderen, in Buchform nachlesbar. In dem Taschenbuch "Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle. Reden gegen das Vergessen" umfasst die Ansprache, die im Saal viel Applaus erhielt, drei Seiten. Auf der Videoplattform "YouTube" kann sie nachgesehen werden.

Video von der Rede Michael Köhlmeiers:

Die übrigen im Buch festgehaltenen Reden reichen von einer Ansprache anlässlich der Eröffnung der Barocktage im Stift Melk, über eine Jubiläumsfeier zur EU-Mitgliedschaft Österreichs, den Jahrestag eines Bludenzer Kulturvereins bis hin zum Stadterhebungsjubiläum von Köhlmeiers Heimatstadt Hohenems.

"Wo nicht erzählt wird, wird vergessen", sagt Köhlmeier. Und er betont: "Als Schriftsteller verbiete ich mir den politischen Blick." Den habe er nur als einfacher Bürger, der sich zudem als "wankelmütig, urteilsunsicher, voller Zweifel" empfinde.

Literaturhinweis

Michael Köhlmeier: "Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle. Reden gegen das Vergessen". Mit einem Nachwort von Hanno Loewy. dtv, 96 Seiten, Broschur, 8,30 Euro

(Red./APA)

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