Richard Swartz: Das Besteck des Widerstands

Swartz, der in Wien jahrzehntelang als Osteuropa-Korrespondent tätig war, erinnert sich mit milder Ironie an das „Leben nach dem Frühling“ in Prag.

Dreißig Jahre sind seit dem Fall der Mauern im Osten verstrichen, und die Erinnerung an die Bedrohung durch den Kalten Krieg ist längst verblasst. Wie fern sind da erst die Bilder von Prag im bleiernen Jahrzehnt nach dem Aufbäumen der Freiheit und ihrer Niederschlagung damals, Mitte August 1968.

Gab es in diesem Prag der verriegelten Zeit danach noch Enklaven der Unschuld? Ja, die gab es. Eine war das Studentenzimmer eines hereingeschneiten Schweden. Dieses Nordlicht lockte die jungen Pragerinnen an, das heißt: Vornehmlich war es sein Pass. Liebe als verunglücktes Tauschgeschäft. Amors Pfeil zielte nicht auf das Herz des Schweden, sondern auf das Wappentier seines Landes: derart vielversprechend war das westliche Dokument. Womit er in Prag seine Zeit verbringe, wurde er bei einer großbürgerlichen Abendeinladung gefragt. „Mit jungen Frauen und Bier“, gab der Schwede zur Antwort und stieß damit auf allgemeine Erleichterung: Offenbar entpuppte er sich damit als ein Gast, vor dem man mit seinen regimekritischen Ansichten nicht die Zunge hüten musste.

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