"Standard": Plötzlich unter einem Dach

Standard Ploetzlich unter einem
Standard Ploetzlich unter einem(c) APA HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Dieser Tage beziehen Print- und Onlineredaktion des "Standard" erstmals ein gemeinsames Büro. Vor allem unter Printredakteuren herrscht Angst, von Online verdrängt zu werden.

Wer zuletzt Mitarbeiter vom „Standard“ zum bevorstehenden Umzug befragte, bekam sehr konträre Antworten: Die Online-Redakteure freuen sich auf das neue Gebäude in der Vorderen Zollamtstraße13 bei Wien Mitte, ihre Kollegen von Print sind eher skeptisch. Der Grund: Erstmals werden die Medien des „Standard“ ein Büro teilen. Bisher waren sie an getrennten Standorten (Print in der Herrengasse, Online in der Wallnerstraße) untergebracht und hatten daher wenig Berührungspunkte, kaum einen Austausch.

Das soll sich im neuen Haus ändern. Doch unter den Printredakteuren herrscht Angst, irgendwann von den jüngeren, internetaffinen Online-Kollegen verdrängt zu werden und das Gemunkel, einzelne Printausgaben, etwa der Montag, könnten irgendwann eingestellt werden, schüren dieses Gefühl noch. Schon jetzt ist die Online-Redaktion mit fast 90 Mitarbeitern ähnlich groß wie jene der Printschwester – und erwirtschaftet mitunter ein besseres Ergebnis. So betrug der Vorsteuergewinn (EGT) 2011 bei Online 3,1Millionen Euro, bei Print 2,7 Millionen. Schon länger hält sich das Gerücht, die Printchefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid und die Online-Chefin Gerlinde Hinterleitner hätten nicht das beste Verhältnis, was Entscheidungen mitunter verzögere. Persönlich würden sie sich gut verstehen, sagt Hinterleitner: „Das Gerücht stimmt aber insofern, als es natürlich einen Interessenkonflikt gibt. Wir leiten zwei unterschiedliche Medien mit unterschiedlichen Erfordernissen.“ Diese „Auffassungsunterschiede“ seien normal, betont Föderl-Schmid, so, wie auch die Angst vor Veränderung im Team natürlich sei. Nun aber ziehen die bislang getrennten Teams in eine WG. Die heikelste Aufgabe hat dabei die Neue in der Chefetage: Anita Zielina ist seit Sommer Vizechefredakteurin beider Medien und soll die Zusammenarbeit zwischen Print und Online forcieren. Diese wohnen nun zwar unter einem Dach, bleiben aber in getrennten Etagen (Online im Newsroom im Erdgeschoß, Print im ersten Stock), nur zwei Printredakteure beziehen ihren neuen Schreibtisch auf ausdrücklichen Wunsch bei den Online-Kollegen.

Kann sich „Der Standard“ einen Umzug in Krisenzeiten überhaupt leisten? Geschäftsführer Wolfgang Bergmann hält sich bei den Kosten des Umzugs bedeckt. Es sei jedenfalls reiner Zufall, dass das Haus gerade jetzt erste Einsparungen bekannt geben musste. Bisher waren die Kürzungen nur Kosmetik: Honorare für Zeichner wie Tex Rubinowitz wurden gestrichen, jene von freien Mitarbeitern gekürzt, Sekretariate zusammengelegt, das alles passiere aber „ohne Entlassungen“, sagt Föderl-Schmid, fügt jedoch hinzu: „Auch wir müssen wie alle Medien sparen.“ Der Sparkurs werde auch 2013 fortgesetzt, kündigt Bergmann an. Er hofft zwar, dass es nicht zu Kündigungen kommen werde: „So wie niemand die Konjunktur vorhersehen kann, kann auch niemand diese Entwicklung vorhersehen.“

Das Gebäude

Seit 7. Dezember siedelt das rund 500-köpfige Team des „Standard“ in die die Vordere Zollamtsstraße 13. An diesem Wochenende folgte die Printredaktion, das Online-Team siedelt ab 27. 12.

Früher eine Bank. Seit 2008 steht das Gebäude, das der Signa Holding gehört, leer, davor war hier die Zentralsparkasse beheimatet. Der „Standard“ nutzt nur EG, 1., 2. und ein Viertel des 3. Stocks. Weiterer Mieter ist die Agentur Mediacom.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2012)

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