Heino Ferch: "Die Wiener Grantigkeit macht Spaß"

Heino Ferch Wiener Grantigkeit
Heino Ferch Wiener Grantigkeit(c) ORF (Stephanie Kulbach)
  • Drucken

Der deutsche Schauspieler ist ab Sonntag im ORF/ZDF-Dreiteiler "Das Adlon. Eine Familiensaga" zu sehen. Im Interview spricht er über Visionen und Psychoanalyse.

Im ZDF Dreiteiler "Das Adlon. Eine Familiensaga" spielen Sie Louis Adlon, den Sohn des Gründers Lorenz Adlon. Fanden die Dreharbeiten auch während des laufenden Hotelbetriebs statt?

Heino Ferch: Die Rahmenhandlung des Films besteht aus einer Rückblende, in der eine alte Dame sich an vergangene Zeiten im Hotel Adlon zurückerinnert. Dieser Teil wurde natürlich im 1997 wieder neu eröffneten Hotel Adlon gedreht. Aber ansonsten wurden alle weiteren Aufnahmen an anderen Schauplätzen gedreht. Die Suiten, die komplette Hotellobby mit Rezeption, Telefonzentrale, Fahrstuhl, Restaurant und Bar sind extra im Studio Adlershof nachgebaut worden, und waren in den letzten sechs Wochen von Mitte August bis Ende September Motiv für viele Drehtage. In der Zeit, wo wir die Szenen in Berlin gedreht haben, durften wir sogar im Hotel Adlon wohnen."

Das Hotel Adlon ist auch ein sehr geschichtsträchtiger Ort.

Ferch: Das ist es in der Tat, obwohl es nicht die Originalmauern sind. Zu DDR-Zeiten wurde aus dem Adlon ein heruntergekommenes Lagerhaus, da durch die Nähe des Brandenburger Tors niemand von der Ostseite hinein konnte. Das Haus ist nach dem Brand und dem daraus resultierenden Abriss komplett neu gebaut und 1997 wieder eröffnet worden, und steht sowohl durch die Lage am Brandenburger Tor und Pariser Platz, als auch aufgrund seiner Geschichte und Ausstrahlung in der Tradition der führenden Top Hotels der Welt, wie das Ritz in Paris, das Waldorf Astoria am Central Park in New York, Peninsula in Honkong oder das Oriental in Bangkok."

Hotelgründer Lorenz Adlon soll ein großer Visionär gewesen sein.

Ferch: Es ist historisch tatsächlich belegt, dass die Nähe und Freundschaft zu Kaiser Wilhelm II., der den Fortschritt sehr liebte, dazu geführt hat, dass er den Visionär Lorenz Adlon sehr unterstützt hat, und für ihn sogar ein Stadtpalais dort abriss, wo Lorenz Adlon das Haus bauen wollte. Der Kaiser hat ihm sehr unter die Arme gegriffen, ohne ihn wäre es nicht möglich gewesen.

Ist es notwendig, das Unmögliche für möglich zu halten, um wirklich Großes zu erreichen?

Ferch: Absolut. Man muss eine Vision haben. Nicht umsonst gibt es dieses alte, viel zitierte Sprichwort "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt". Egal was man macht, man muss an tausend denken, damit hundert passiert.

Liegt es Ihnen auch, das Unmögliche für möglich zu halten?

Ferch: Wenn man den Beruf des Schauspielers ergreift, muss man sehr an sich glauben, muss begeistert und leidenschaftlich sein, voller Träume, damit man in dem Beruf auch nachhaltig Fuß fasst. Was man macht, sollte auf positive Resonanz stoßen und andere dazu bringen, auch weiterhin mit einem arbeiten zu wollen.

Behalten Sie gerne die Kontrolle oder können Sie auch gut loslassen?

Ferch: In dem Beruf muss ich loslassen können, so gerne ich die Kontrolle auch behalte. Loslassen hat ja auch damit zu tun, dass man stark auf andere Menschen reagiert. Die Schauspielerei lebt davon, sich in anderen Menschen zu spiegeln und auf deren Impulse einzugehen, da muss man sich auch in die Hände eines Regisseurs begeben. Die Zusage zu einer Rolle bedeutet immer auch ein Stück weit Neues zuzulassen, sonst würde man sich ständig wiederholen und käme nicht voran.

Bringen Sie Menschen grundsätzlich erst mal Vertrauen entgegen?

Ferch: Ja, ich bin eigentlich kein skeptischer Mensch. Ich sehe das Glas lieber halb voll als halb leer und gehe erst mal positiv und offen auf Menschen zu. Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass man dann auch mal enttäuscht wird. Würde man sich nur mit sich selber beschäftigen und sich abschotten, dann würde man sehr viel verpassen, dazu ist das Leben zu aufregend.

Sie haben über sich gesagt, man solle sich bei Ihnen in acht nehmen, sonst könnten sie auch energisch werden. Das traut man Ihnen gar nicht zu.

Ferch: Ach, wirklich nicht? Ich versuche schon sanft zu sein und bin auch recht geduldig, aber es gibt Situationen, in denen ich sage, bis hierher und nicht weiter, für dumm verkaufen könnt ihr andere Leute. Das kommt ab und zu vor und da kann ich auch energisch werden und notfalls auch den Kontakt abbrechen.

Sie haben schon häufiger in Wien gedreht. Wie gefällt es Ihnen dort?

Ferch: Ich mag Wien sehr gern und habe die Stadt vor 27 Jahren bei meiner Aufnahmeprüfung am Max-Reinhardt-Seminar kennengelernt, für das es damals leider nicht gereicht hat, weshalb ich meine Ausbildung in Salzburg am Mozarteum gemacht habe. Wien hat sich wunderbar entwickelt und ist eine unheimlich moderne und sinnliche Stadt, mit einer hohen Lebensqualität, ich fühle mich immer sehr wohl, wenn ich in Wien bin.

Wie kommen Sie denn mit der sprichwörtlichen Grantigkeit der Wiener zurecht?

Ferch: Die Grantigkeit ist lustig und macht eher Spaß, ich kann gut damit umgehen.

Das muss man ja auch erst mal mögen.

Ferch: Ja, aber man muss ja nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen und gleich alles persönlich nehmen.

Wird Ihre in Wien gedrehte Krimireihe "Spuren des Bösen" fortgesetzt?

Ferch: Ja, wir haben den dritten Film der Reihe mit dem Titel "Zauberberg" jetzt gerade im Herbst gedreht. Nach dem Adlon Dreh war ich noch sechs Wochen in Österreich, zwei davon in Wien und vier im Semmering. Die dritte Geschichte mit dem Kriminalpsychologen Richard Brock spielt nämlich am Semmering und ist wie bei "Shining" ein bisschen eine lost City Geschichte, die sehr spannend ist.

Wieder mit dem gleichen Drehbuchautor und Regisseur zusammen wie bisher?

Ferch: Es war die Bedingung, dass das kreative Team bleibt. Martin Ambrosch hat wieder das Drehbuch geschrieben, Andreas Prochaska hat inszeniert und David Slamas war an der Kamera, der Look und die Intensität wurden sogar noch verstärkt. An den Geschichten vier und fünf wird gearbeitet und ich denke, dass wir den vierten Film im Herbst nächsten Jahres drehen werden.

Sie spielen einen Kriminalpsychologen. War es schwer für Sie, sich in einen Psychologen hineinzuversetzen oder haben Sie ohnehin eine Affinität zur Psychologie?

Ferch: Mich interessiert dieses große Feld der Psychologie sehr.

Welcher Lehre geben Sie den Vorzug, der Sigmund Freuds oder der C.G.Jungs?

Ferch: Freud lässt sich für mich leichter nachvollziehen. Mit Jung habe ich mich mal sehr stark beschäftigt, weil es ein Drehbuch gab, das mich als Jung vorgesehen hatte. Es ist dann aber leider nicht realisiert worden.

Freud ist ja manchmal sehr plakativ.

Ferch: Richtig, da muss man auch Abstriche machen.

Sie werden im nächsten Jahr 50 Jahre alt. Haben Sie das Gefühl Sie sind bei sich angekommen?

Ferch: In den letzten Jahren ist durch meine Familie und den Lebensmittelpunkt in Bayern eine große Ruhe eingekehrt. Dort ist meine Basis, die mir auch eine große Sicherheit vermittelt. Aber auch im Beruf ist eine Zufriedenheit da, weil doch eine Menge Sachen in den letzten Jahren zusammengepasst haben, und man mir auch mehr komplizierte Charakterrollen übertragen hat. Es wäre schön, wenn sich das noch ein bisschen fortsetzen würde. Ich glaube, es gibt keinen Grund besorgt in die Zukunft zu schauen, mir geht's gut.

"Das Adlon. Eine Familiensaga", Teil eins: Sonntag, 6. Jänner, 20.15 Uhr, ORF 2 und ZDF, Teil 2 folgt am Montag, dem 7. Jänner und Teil 3 am Mittwoch, dem 9. Jänner jeweils um 20:15 Uhr.

Mittlerweile ist "Das Adlon. Eine Familiensaga" in einer 3-DVD-Box auf Universal erschienen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Medien

Terror und die Rückkehr der Texaner

Der ORF zeigt demnächst die Neuauflage von »Dallas«, Sat1 bringt ab Februar die CIA-Serie »Homeland«, und in den USA geht es zu Beginn des Serienjahres vor allem um »Girls«.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.