„Wenn der ORF wie RTL aussieht...“

(c) Reuters (Nicky Loh)
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Was kann den öffentlich-rechtlichen ORF langfristig sichern? Die Filmwirtschaft fordert: Weg von ausländischen Kaufserien, hin zu österreichischem Programm.

Wien (sim). Wenn nicht bald ein „deutlicher Kursschwenk“ im Programm eintritt, wird der ORF finanziell weiter in die Krise schlittern. Das prophezeit der Wiener Rechtsanwalt und Generalsekretär des Filmproduzenten-Dachverbandes „Film Austria“ Alfred Noll im Gespräch mit der „Presse“. „Nicht nur wegen des gesetzlichen Auftrags muss der ORF weg vom Kauf ausländischer Serien hin zu österreichischem Programm. In den nächsten Jahren wird es in der Fernsehwirtschaft auf unterscheidbares Programm ankommen. Wenn der ORF wie RTL aussieht, ist nicht mehr einzusehen, warum man dort noch werben soll.“

25 Prozent der Gebühreneinnahmen, so Noll, sollen daher jährlich der Programmrealisierung zugute kommen, für „eigenständigen österreichischen Content“. Dazu kommen aktuelle Etappenziele: „Wenn die Gebührenvalorisierung zustande kommt, müssten zwei Drittel der dadurch eingebrachten Gelder zur Programmproduktion verwendet werden.“ Zweitens: „Jenes Drittel der Gebühren, das bisher an Bund und Länder ging, soll ungeteilt dem ORF zugute kommen und für österreichische Inhalte verwendet werden.“ Schließlich müsse der Staat dem ORF sozial bedingte Gebührenbefreiungen ersetzen. „Das ist bei den Wiener Linien nicht anders.“

Die von Noll geforderte Änderung der Gebührenzusammensetzung gehört zu den meist geäußerten Vorschlägen für eine Strukturreform: Derzeit fallen Teile des Rundfunkentgelts auch dem Bund und den Bundesländern zu. Radikaler wäre die Änderung der Geschäftsform: also eine – zumindest teilweise – Privatisierung des ORF.

Mit der Umwandlung von einer Stiftung in eine Aktiengesellschaft könnte auch eine Verkleinerung des Stiftungsrates einhergehen. Derzeit hat er 35 Mitglieder, die u.a. von der Regierung entsandt werden. Zehn bis 15 Aufsichtsräte wären sinnvoll, sagen Experten. Auch die im ORF mächtigen Betriebsräte, die angeblich ihre Stimmen „verkaufen“, hätten dann weniger Einfluss. Sie könnten die Geschäftsführung nicht mitwählen, wenn die Eigentümervertreter sich ohne sie einigen.

Auch Ex-ORF-General Gerd Bacher forderte vor kurzem von der Regierung ein radikales „Gesundschrumpfen“ des ORF: Einsparungen im Personal (auch bei den Direktionen) und den Landesstudios, Reform des Stiftungsrats, Reduktion der Werbezeit. „Die Einnahmen werden vom Apparat aufgefressen, für das immer teurere Programm bleibt zu wenig.“ Der Stiftungsrat sei ein „parteipolitisches Trainingscamp“, Bacher schlug 22 statt 35 Mitglieder vor, mit einem Medienfachmann als Vorsitzenden. Und auch er sprach sich – wie fast alle früheren ORF-Chefs – dagegen aus, dass sich die Betriebsräte im Stiftungsrat an der Wahl der Geschäftsführung beteiligen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2008)

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