Der ORF-Brief nach Brüssel: Ist unterwegs!

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Schon vor der Deadline am 30. April hat das Medienministerium seine Antwort an die EU im Beihilfeverfahren wegen der kritisierten ORF-Finanzierung abgeschickt.

Im Büro der für Medien zuständigen Bundesministerin Doris Bures ist man zufrieden: Der Brief nach Brüssel in Sachen ORF ist fertig, unterzeichnet und bereits auf dem Amtsweg in die EU-Hauptstadt, heißt es. Die drei wesentlichen Punkte sind:


Die Konkretisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags wird nötig, weil die EU festgestellt hat, dass das ORF-Programmentgelt als staatliche Beihilfe zu werten ist, was mit den Regeln des gemeinsamen Marktes nicht vereinbar ist: Etwa, weil die Werbeaktivitäten des ORF im Internet über seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag hinausgehen, oder weil der ORF mit „Sport plus“ einen Spartenkanal für Randsportarten betreibt, wofür der Auftrag seitens der EU auch angezweifelt wird. In dem nun abgeschickten Brief an Brüssel wird unter anderem betont, dass „Sport plus“ aufgrund seiner geringen Reichweite von unter einem Prozent ohnehin keine Bedeutung am Markt habe.

Änderungen am öffentlich-rechtlichen Auftrag sind laut dem zuständigen Experten aus dem Ministerium, August Reschreiter, in anderen Ländern leichter: „Die BBC kann sich selbst den öffentlich-rechtlichen Auftrag verändern, die deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten können ihn auch selbst neu definieren und geben das dann der Behörde zur Prüfung. So etwas stellt sich die EU vor.“

In Österreich tue man sich aber schwer mit laufenden Änderungen oder Anpassungen – sie werden traditionell in ein Gesetz gegossen. Bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder der Auftrag wird im Gesetz präziser definiert (und dieses muss dann jeweils geändert werden), oder der ORF darf künftig selber daran feilen – etwa, wenn es darum geht, den Auftrag zu erweitern, weil TW1 zum öffentlich-rechtlichen Infokanal umfunktioniert werden soll. Wenn der ORF selbst aktiv werden kann, dann müssten die Neuerungen vom Bundeskommunikationssenat vorab abgesegnet werden. Der Brief aus Brüssel enthält etliche Vorschläge für Änderungen des ORF-Gesetzes – welche davon dann wie umgesetzt werden, wird der weitere Dialog mit Brüssel zeigen.


Die Kontrolle des Auftrags. Der BKS soll künftig die Kontrolle der Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags von Amts wegen vornehmen – und nicht nur, wenn er angerufen wird.


Die Kontrolle der Rechnungslegung. Auch hier geht es um die Frage der Finanzierung – konkret darum, ob der ORF überhaupt so viele Gebühren für die Erfüllung seines öffentlich-rechtlichen Auftrags braucht, wie er derzeit zur Verfügung hat, oder ob er nicht vielleicht überfinanziert ist und mit diesen Geldern kommerzielle Aktivitäten finanziert. Um das zu beobachten und zu kontrollieren, braucht es vor allem eine sehr genaue Trennung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Aktivitäten des ORF.

Überkompensation: ORF-Gebühren zurück

Im nun abgeschickten Vorschlag steht der Rechnungshof als Ex-Post-Gutachter – vorstellbar wäre für das Ministerium auch ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer. Die Ergebnisse könnten dann vom BKS verwendet werden, um darüber zu entscheiden, ob nun eine Überkompensation – laut EU wäre das eine verbotene Beihilfe – vorliegt oder nicht. Laut Amsterdamer Protokoll darf ein öffentlich-rechtlicher Sender innerhalb von einem Jahr nicht mehr als zehn Prozent Überschuss erwirtschaften. Kommt der BKS zu dem Schluss, dass der ORF zu hohe Gebühren eingenommen hat, wird das zu einem Rückzahlungsmechanismus führen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.