Format: Skandinavien ist nicht skeptisch

(c) AP (John McConnico)
  • Drucken

Das Kleinformat setzt sich schon wieder durch: Als Nächstes schrumpfen „Jyllands-Posten“ und „Rolling Stone“.

„Von Format“ – und trotzdem kompakt und informativ: Das ist die Zeitung von morgen, das Tabloid. Immer mehr Zeitungen stellen auf Kompaktformate um und erhoffen sich dadurch bessere Verkaufszahlen am Kiosk. Denn: Diese Verkaufszahlen sind „in der vergangenen Dekade von 190.000 auf 130.000 gefallen“, sagt Jann Wenner, Gründer des US-Musikmagazins „Rolling Stone“. Seine Zeitschrift wird Ende Oktober ihr Format beschneiden – in der Hoffnung, die Zahlen wieder zu steigern.

Warum ist ein kleineres Format besser für den Verkauf? Zum einen sind unhandlich große Zeitungen in den Verkaufsregalen zumeist nicht in Augenhöhe eingeordnet. Zum anderen werden Gratis- und Online-Zeitungen zahlreicher und verändern damit Informations- und Mediengestaltung. Und sorgen für Konkurrenz: Um nicht „alt“ auszusehen, müssen Zeitungen „relaunchen“, sich innovativ zeigen. Aber: Will „alt“ noch Werte einer Ära aufrechterhalten? Oder ist „alt“ gleich obsolet?

Geht man an den Anfang der Zeitungsgeschichte zurück, gibt es Parallelen zum Heute: Die erste, aus dem deutschen Straßburg um 1610 stammende Zeitung (in der Gestalt, in der wir sie heute kennen) namens „Relation“, war mit 36,5Zentimetern Breite und 23,7Zentimetern Höhe vergleichsweise handlich. Das spätere Broadsheet bringt es aufgeschlagen nämlich auf 75Zentimeter.

Da im Jahre 1712 eine neue Zeitungssteuer (pro Seite) erhoben wurde, war ein größeres Format zu Gunsten einer geringeren Seitenzahl die Konsequenz. Das Format wurde allgemein übernommen und ist zur Tradition geworden; das Umblättern zum Beispiel in Straßenbahnen ist bis heute mühsames Geschicklichkeitsspiel.

Der jahrhundertealte Zeitgeist holt das Print-Geschäft nun wieder ein: Das „Wall Street Journal“ war Vorreiter des Tabloids, hundert Zeitungen taten es ihm in den vergangenen sechs Jahren gleich.

„Jyllands-Posten“ stellt auch um

Etwa in Skandinavien, wo die Umstellung schon längst zum Trend geworden ist: Auch die für Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen weltweit bekannte Tageszeitung „Jyllands-Posten“ erscheint seit Dienstag im Kleinformat. Trotz Druckkostenersparnissen in Millionenhöhe wird die Umstellung von vielen Verlagen aber eher skeptisch auf- bzw. angenommen. Neben Layout- und Arbeitsumstellung ist auch das Klischee, dass Tabloid gleich Boulevardblatt sei, der traditions- und wertebewussten Printmedien-Welt ein Damoklesschwert.

Bestes Beispiel: Der Weltzeitungsverband WAN liefert in seiner globalen Initiative zur Stärkung des Mediums Zeitung folgende Zahlen: Es gibt mehr als eine Milliarde Zeitungsleser täglich, rund 439Millionen Menschen kaufen weltweit eine Zeitung. Trotzdem steht die Branche nach 400Jahren Geschichte damit vor einer sehr großen Herausforderung. Sich den veränderten Bedürfnissen der Leser anzupassen ist für viele Zeitungen nicht nur Gebot, sondern die einzige Möglichkeit, am Zeitungsmarkt zu überleben. „Nur das Format zu ändern ist aber zu wenig“, sagt Mario García im „Presse“-Interview (s.o.). mfw

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.