„Krone“-Siege, „Krone“-Flops

Leicht möglich, dass die derzeit so forsche Gangart der „Krone“ gegen alles, was ÖVP heißt, dem Frust entspringt. Zweimal hatte der Herausgeber heuer in Balkenlettern zur Demonstration auf dem Ballhausplatz gerufen, um die Ratifizierung des neuen EU-Vertrags zu verhindern. Das Wetter war garstig, aber mehr als 600 empörte Demonstranten hatte sich Dichand denn doch erwartet. Straßendemos sollte man beim Altersschnitt der „Krone“-Leserschaft eher vermeiden.

Da muss man sich an die Jugend halten. Im Winter 1984 campierten hunderte Umweltschützer in der Stopfenreuther Au und demonstrierten gegen den Bau eines Wasserkraftwerks bei Hainburg. Bei der Verhinderung des Atomkraftwerkes Zwentendorf 1978 war die „Krone“ noch sehr vorsichtig ans Werk gegangen – man konnte schließlich nicht wissen: Die Volksabstimmung ging auch nur haarscharf mit 51 Prozent gegen den erklärten Willen des sozialistischen Bundeskanzlers und der Gewerkschaften aus.

Apropos Jugend: Eine Zeitlang gewährte der Alte aus Heiligenstadt dem jugendfrischen Jörg Haider seine Gunst. Vor allem, als sich die einstige FPÖ-Präsidentschaftskandidatin Heide Schmidt von ihrem Gönner lossagte. Doch dann wendete sich das Blatt, Andreas Mölzer war „in“. Und schließlich versenkte Cato den Kärntner Landeschef mit einem Spottgedicht von höchstdero eig'ner Hand.

Zum Teil durchgesetzt hat sich „Cato“ 2002, als die schwarz-blaue Regierung den Ankauf von 24Stück Abfangjägern um vier reduzierte. Die Budgetnot war drückend, das Hochwasser stand allen bis zum Hals. „Cato“ freilich hätte das eingesparte Geld anderweitig verwendet: „Ein Abfangjäger weniger – und Semperit wäre gerettet“, trompetete das Tagblatt. Und sollte man das nicht tun, dann lautete die Drohung unmissverständlich: „Ein Schwur wie ein Gebet: Am Wahltag Vergeltung!“

2002 urteilte aber der damals noch bestehende Presserat über eine ganz andere „Krone“-Kampagne: „Die Kronen-Zeitung hat mit ihrer Medienkampagne zum Temelin-Volksbegehren die Berufspflichten der Presse grob verletzt. Ziel war es offenkundig, nicht objektiv zu berichten, sondern einseitig zu informieren und zu einer Unterschriftsleistung anzuhalten.“

Ein Vorwurf, mit dem die „Krone“ gut leben konnte. Denn sie bekannte sich ja ausdrücklich zur Parteilichkeit. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, sogar zu verschiedenen Standpunkten – je nach Bundesland: In der NÖ-Ausgabe gegen den Semmering-Basistunnel, in der Steirer-Krone hingegen für dieses Projekt – eine fachliche Meisterleistung.

Im Jänner 2000 hingegen war alles klar. Das Tauziehen über eine neue Regierung zog sich hin. SPÖ-Chef Klima suchte einen Partner, Schüssel an der Spitze der drittstärksten Partei zauderte. Thomas Klestil ließ alle Überredungskünste spielen, ORF-General Gerhard Weis zupfte im Hintergrund an den Fäden, Raiffeisen-Herrscher Christian Konrad ebenso. Dichand griff zu einem Kunstgriff: „Von besonderer Seite“ nannte sich die geheimnisvolle Kolumne, in der tagtäglich Schüssel weichgeklopft werden sollte. Der Bundeskanzler stellte sich trotzdem weiter gegen die „drei K“ – Küniglberg, Klestil, Kronen Zeitung. Das gespannte Verhältnis zu Dichand blieb bis zu Schüssels Abwahl bestehen. hws

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2008)

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