Medien und die Krise: Wer ist willens durchzutauchen?

ORF verliert an Werbeeinnahmen, Privatsender gewinnen. VÖZ-Präsident Pirker glaubt, dass Zeitungen stärker kooperieren werden.

Wien. Seit vergangenem Dezember tut die österreichische Werbung im Winter das, was sie sonst nur im Sommerloch tut: Sie schrumpft. Der Werbeaufwand ging im Dezember um 1,5Prozent, im Jänner sogar um 3,8Prozent auf rund 211,8Millionen Euro zurück (Vergleichswert ist jeweils der Vorjahreswert). Die großen Verlierer sind dabei die Sparte Direktmarketing (z.B. Direct Mails; –14,3Prozent), Wochenzeitungen und Magazine (rund –14Prozent) sowie der ORF: Im Hörfunk büßte er im Jänner 4,8Prozent, im Fernsehen sogar 16,2Prozent ein. Etwa die Hälfte seiner Einnahmen lukriert der Öffentlich-Rechtliche über Werbung.

Bereits 2008 schrieb der ORF rund 80Millionen Euro Minus (30Millionen wären geplant gewesen). Nach Informationen der „Presse“ wurden etwa 30 davon durch die Werbeeinnahmen verursacht, die schlechter ausfielen als (vor der Finanzkrise) erwartet. 40Millionen Euro Minus ergaben sich durch schlechtere Finanzerträge – die Hälfte davon konnte allerdings wieder mit Einsparungen aufgewogen werden.

Internet gewinnt in der Krise

Die Medien sind übrigens als Auftraggeber von Werbekampagnen auch selbst am Rückgang schuld: Diese Branche hat ihre Werbung 2009 am stärksten zurückgefahren (–14Prozent), auch die Dienstleister waren bei den Werbeausgaben im Jänner knausrig (–9,6Prozent). Um 16,5Prozent mehr ausgegeben haben hingegen die Markenartikelhersteller.

Trotz Krise zugelegt haben im neuen Jahr (gegenüber dem Jänner 2008) diese Werbeträger: das Internet (+34,3Prozent) und die Privatsender (Fernsehen plus 23,7Prozent, Radio plus 12,7Prozent). Ein bisschen mehr Werbung konnten die Tageszeitungen verbuchen (+0,8Prozent). Trotzdem spürt die Printbranche die Krise: Horst Pirker, Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und Vorstandschef der Styria Medien AG („Kleine Zeitung“, „Wirtschaftsblatt“, „Presse“), schloss am Freitag nicht aus, dass es aufgrund der Krise in Österreich zu Zusammenschlüssen zwischen einzelnen Medienhäusern kommen könnte.

Denkanstoß dazu gaben die Medienkonzernfusionen der vergangenen Tage: In der Schweiz haben Tamedia und Edipresse, in Belgien und Holland De Persgroep und PCM aufgrund der verschärften wirtschaftlichen Situation ihre Zusammenarbeit angekündigt. Und obwohl Österreich ein so stark konzentrierter Medienmarkt sei, „ist freilich auch hier noch der eine oder andere Schritt möglich“, so Pirker zur Austria Presse Agentur. Insbesondere beim Zeitungsvertrieb rechnet er mit weiteren Kooperationen zwischen einzelnen Verlagshäusern. Die Styria Medien AG arbeitet etwa mit der Tiroler Moser Holding zusammen.

Das hat am Montag auch Wolfgang Zekert, Geschäftsführer der Tageszeitung „Österreich“, angedacht: Seine Zeitung will Synergien nutzen; sinnvoll sei ein Schulterschluss etwa bei der Hauszustellung, wie Zekert sagte. Er glaubt, dass die aktuelle Finanzkrise „die Zeitungsbranche so treffen wird, dass die Verlage ernsthaft über Synergien abseits von Konkurrenz und Eitelkeit nachdenken werden müssen“. In anderen Ländern greift ihnen der Staat unter die Arme: Frankreichs Staatspräsident Sarkozy subventioniert die Printbranche mit Steuermillionen; die darbende spanische Verlagsbranche wünschte sich das auch schon.

Branche rechnet mit weiterem Rückgang

Die weiteren Aussichten für 2009 sind trübe: Im ironischerweise erst vergangenes Jahr in „Werbe-Optimismus-Index“ umbenannten Werbebarometer (einer Branchenumfrage) befürchtete im Jänner die Hälfte der Werber und Mediaplaner einen deutlichen Rückgang der Werbeaktivitäten in den nächsten Monaten. Walter Zinggl, Chef der ORF-Enterprise: „2009 wird zu einer Marktbereinigung führen – in allen Mediengattungen. Am Ende des Tages bleibt die Frage, ob die, die das betreiben, willens sind, durch diese schwierigen Zeiten durchzutauchen.“

Focus Marketing Research

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2009)

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