Menschenrechte: Österreich Schlusslicht bei Pressefreiheit

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Kein EU-Land verliert in Medienfragen öfter vor dem Gerichtshof für Menschenrechte. 24 Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg musste die Republik einstecken.

STRASSBURG/WIEN. „Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“ – gegen diesen Artikel zehn der Europäischen Menschenrechtserklärung hat Österreich von 1998 bis 2008 öfter verstoßen als jeder andere EU-Staat. 24 solche Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, der kein Organ der EU, sondern des Europarates ist, musste die Republik einstecken, seit das Gericht am 1. November 1998 seine Tätigkeit aufgenommen hat.

Kann man daraus schließen, dass Presse- und Meinungsfreiheit hierzulande stärker gefährdet sind als im Rest Europas? Nein, wie der Vergleich mit Russland zeigt, das nur elfmal wegen der Verletzung von Artikel zehn verurteilt worden ist. Genießen die Russen also besseren Schutz ihrer Meinung und mehr Zugang zur Presse als die Österreicher? Wohl nicht, wie die Repressalien gegen kritische russische Journalisten zeigen – bis hin zum Mord.

Allerdings untermauert diese Statistik den oft geäußerten Vorwurf, wonach Österreichs Medienrichter im Zweifelsfall signifikant öfter die grundsätzlich zulässigen Einschränkungen der Meinungsfreiheit bejahen, als das im Rest der EU der Fall ist.

Die vier größten Sündenböcke

Die Statistik liefert einen weiteren Beweis dafür, wie schlecht das Justizwesen in Russland ist. Allein 2008 brachten russische Staatsbürger 10.146 Beschwerden in Straßburg ein: Das war jede vierte insgesamt. Mehr als die Hälfte der 1543 EGMR-Entscheidungen des Jahres 2008 betrafen Russland, die Türkei, die Ukraine und Rumänien. Die meisten Beschwerden gegen Russland und die Türkei betreffen die Rechte auf Freiheit, auf faires Verfahren und auf Schutz des Eigentums.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2009)

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