Maria Köstlinger: "Ich hab schon viel gesehen!"

Maria Köstlinger
Maria Köstlinger(c) Teresa Zötl
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Schauspielerin Maria Köstlinger über Untreue, Romantik, den Hype um die TV-Serie "Vorstadtweiber" – und das Witzige an "Kafka", bald in der Josefstadt zu sehen.

Am Montag beginnen die Dreharbeiten für die zweite Staffel der „Vorstadtweiber“. Am 25.April haben Sie Premiere mit einem „Kafka“-Projekt im Theater in der Josefstadt. Sie erleben zurzeit viel Stress, oder?

Maria Köstlinger: Für mich ist es ein ziemlicher Bruch, mich gleichzeitig mit Kafka und den „Vorstadtweibern“ zu beschäftigen. Derzeit spitzt sich in meinem Leben einfach alles zusammen, aber ich wusste schon seit Längerem, dass es so sein wird.

Warum ist diese TV-Serie so erfolgreich?

Die Geschichte ist gut, die Besetzung ist sehr gut. Manche regen sich auf, manchen gefällt die Serie. Man kann die Storys wegschieben, oder man erkennt sich wieder – oder Freunde und Bekannte. Die Serie war als Satire gedacht. Manchen ist sie zu anspruchslos. Aber ich finde, es gibt wirklich witzige Begebenheiten.

Wie geht es weiter?

Wir haben Schweigepflicht, sonst ist die Spannung weg. Aber etwas kann ich doch sagen. Meine Figur, Waltraud Steinberg, ist schwanger von diesem jungen Mann. Damit endet die erste Staffel. Steinberg weiß, wer ihren Mann umgebracht hat. Da kann man jetzt spekulieren, was sie weiter unternehmen wird, um dieses Verbrechen aufzudecken – oder auszunützen.

Worum geht es beim „Kafka“-Projekt?

„Kafka“ ist kein klassischer Theaterabend, alle spielen alles. Es gibt Zitate aus seinen Briefwechseln mit Frauen, aus seinen Tagebüchern.

Kafka war ein fescher Mann.

Als er jung war, sah er wunderschön aus. Er hat sicher viele Frauen fasziniert in seiner Verkorkstheit, Frauen finden so etwas ja oft interessant.

Und Sie? Mögen Sie schwierige Männer?

Ich hätte mich mit Kafka anfreunden können. Auf jeden Fall finde ich es unendlich spannend, in diese Texte einzutauchen und diesen Kampf zu erleben, wie er sich nicht entscheiden kann. Immer wieder verspricht er den Frauen zu kommen, aber er tut es nicht, einerseits hat er symbiotische Momente, andererseits kämpft er ständig gegen Beziehungen. Die Frauen kommen in unserer Aufführung nicht zu Wort, nur er. Kafkas Frauen waren sehr unterschiedlich, Felice Bauer, mit der er zweimal verlobt war, war nicht hübsch. Milena hatte etwas Künstlerisches. Kafka wird ja allerhand nachgesagt, auch, dass er nie Sex hatte oder auch an Männern interessiert war.

Kafka hatte Angst, dass die Liebe die Energie für die Arbeit, für das Schreiben, für die Kunst wegfrisst. Kennen Sie das auch, das Vampirische von Beziehungen?

Definitiv, ganz extrem. Mein Mann zum Beispiel hatte etwas Vampirisches.

Das „Kafka“-Projekt soll auch amüsant sein?

Es ist für uns wichtig, dass die Zuschauer keine Kafka-Experten sein müssen, um die Aufführung zu verstehen. Und ich denke, es ist dem Regisseur, Elmar Goerden, ein Anliegen, dass das Ganze nicht zu schwer und belastend wird. Neulich waren wir in einer Runde, und es wurden Bücher als Geschenk verteilt, auch solche von Kafka. Da hieß es gleich: „Oh Gott! Wie trübe!“ Das wollen wir vermeiden.

In Ö3 haben Sie gesagt, nur zehn Prozent der Leute seien treu. Glauben Sie das?

Ja! Ich bin am Theater aufgewachsen, da habe ich schon in meiner Jugend sehr vieles mitbekommen. Jetzt lebe ich im 19.Bezirk, vielleicht sind dort mehr Menschen treu. Aber ich erlebe oft, dass die Leute sagen, Monogamie ist schwer, wir geben uns Freiheit, aber wir bleiben zusammen, weil wir eine gemeinsame Basis haben, zum Beispiel den Humor. Man kämpft, man trifft ein Arrangement oder man geht auseinander – das ist heute sehr häufig der Fall.

Sind Sie eine Romantikerin?

Ja. Ich habe schon viel gesehen in meinem Leben, bei dem ich hätte sagen können: Ich nehme jetzt Abstand von der Romantik. Andere meinen: Lass es, es ist sinnlos, Romantik gibt es gar nicht. Aber die Sehnsucht ist da.

Ihr Mann, der Schauspieler und Publikumsliebling Karlheinz Hackl, ist im Juni 2014 gestorben. Wie geht es Ihnen jetzt?

Mal besser, mal schlechter. Ich habe Gott sei Dank eine Gabe, mich an kleinen Dingen zu erfreuen. Bei Kafka gibt es eine Passage, da sagt er sinngemäß: Hast du einen Weg begonnen, so setze ihn fort, wenn du hier nichts findest, öffne neue Türen, wenn du dort nichts findest, musst du dich die Treppe hinaufschwingen zu neuen Stockwerken und immer weiter, du darfst nicht aufhören zu steigen. Der Verlust tut sehr weh. Aber: Ich bin dankbar dafür, was ich mit dem Karli erleben durfte – auch sonst.

Sind Sie religiös?

Ich würde lügen, würde ich sagen, dass wir in der ganzen schweren Zeit der Krankheit meines Mannes nicht darüber gesprochen oder darüber nachgedacht hätten. Religion gibt einen gewissen Trost und Halt.

Ihre Mutter ist Schwedin. Gibt es etwas Schwedisches in Ihnen?

Lebensfreude, das Positive, das Helle, das Harmoniebedürftige. Der Karli war schon typisch wienerisch. Ein Misanthrop. Er hat oft gehadert, schon vor der Krankheit. Wenn schönes Wetter war, hat er gesagt: „Aber morgen wird es regnen.“ Und ich habe gesagt: „Kann sein, aber heute scheint die Sonne.“ Es war manchmal mühsam, aber ich habe es auch gern gehabt, das Missmutige.

Wie war es, mit so einem Frauenschwarm zusammen zu sein?

Das war manchmal schon anstrengend. Anfangs war ich eifersüchtig, später er. Man konnte nirgends hingehen, ohne eine Verflossene zu treffen oder eine Frau, die ihn gerngehabt hätte. Das konnte ich nachvollziehen, ich war sehr glücklich, dass er sich für mich entschieden hat. Die Frauen liebten ihn – und sein Spiel. Ich war auch ein Fan! Sechs Stunden „Platonov“, da bin ich drinnen gesessen und war geplättet, aber auch bei „Bernhardi“ oder dem „Weiten Land“. Und dann spielte er im totalen Kontrast zur Noblesse, die er zeigte, in der Volksoper Zaza in „Ein Käfig voller Narren“. Unglaublich!

Hackl war ein Theatertier.

Ja! Bei mir ist das nicht ganz so. Ich weiß ohne Theater mehr anzufangen als er. Ich bin wahnsinnig gern in der Natur, ich laufe oder mache Nordic Walking. Ich verreise, mit meiner Tochter oder mit Freunden. Es zieht mich immer wieder nach Schweden, nach Stockholm. Wir mieten ein Haus in den Schären. Ich liebe Wasser, aber auch Berge. Ich spreche die Sprache.

Werden Sie jemals ein Buch schreiben?

Auf keinen Fall, um Himmels willen! Wen soll das interessieren?

Steckbrief

1972
Maria Köstlinger wird in Stockholm geboren, sie ist die Tochter des Tenors Josef Köstlinger, der in Ingmar Bergmans „Zauberflöte“-Verfilmung den Tamino spielte.

1996
Maria Köstlinger wird ans Theater in der Josefstadt engagiert, wo sie seither viele große und kleinere Rollen gespielt hat, in Stücken von Horváth, Molnár, Shakespeare, Ibsen (Hedda Gabler) oder David Harrower („Blackbird“).

Film/TV
„Kommissar Rex“, „Soko Kitzbühel“, „Tatort“, „Ausgeliefert“ von A. Prochaska mit H. Krassnitzer (2003).

2015
M. Köstlinger spielt Waltraud Steinberg in der TV-Serie „Vorstadtweiber“. Erste Staffel auf DVD bei Hoanzl. Zweite Staffel kommt 2016 ins Fernsehen. „Kafka“ im Theater in der Josefstadt, Uraufführung (25. 4.).

Teresa Zötl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2015)

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