„Tatort“ Köln: Was weiß schon der Kinderlose?

Tatort - Durchgedreht
Tatort - Durchgedreht(c) WDR/Martin Valentin Menke
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Die Kölner Ermittler Freddy Schenk und Max Ballauf eröffnen die neue „Tatort“-Saison mit dem düsteren Fall „Durchgedreht“: eine Achtjährige wird Zeugin am Mord an ihrer Familie.

Unsere „Tatort“-Wertung:

Sieben von zehn Punkten.

Worum geht's in „Durchgedreht“?

Die kleine Anna schleicht sich Nachts im Haus herum, um ihr Kaninchen zu füttern – und entgeht so einem Mord. Denn über die Haustür schleicht sich ein Mann herein, der zuerst ihren kleinen Bruder Jesko erdrosselt, dann ihre Mutter Freya ersticht. Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) findet die Achtjährige am nächsten Tag im Keller, wo sie sich versteckt. Als Zeugin taugt sie nicht, denn sie ist verständlicherweise völlig verstört. Vater Sven, der in der Tatnacht nicht zu Hause sondern bei einer Schulung in Frankfurt war, benimmt sich seltsam. So kommt Anna nicht bei ihrem Vater und dessen Bruder unter, sondern bei ihrer Tante und deren Mann. Ist sie dort sicher? Immerhin läuft der Mörder ihrer Familie noch frei herum.

Wie düster ist der Fall?

Ein Kindermord. Eine kindliche Zeugin, an deren Händen noch das Blut ihrer Mama klebt. Geht es noch düsterer? Wohl kaum. Mit „Durchgedreht“ beginnt die neue „Tatort“-Saison ganz schön finster. Immerhin erspart uns der „Tatort“ den Anblick des toten Kindes – mit einer Ausnahme: wir sehen, wie Freddy Schenk (Dietmar Bär) den kleinen Körper zum Leichenwagen trägt.

Worum geht's noch?

Um Neid – und Gier nach Geld. Papa Sven ist Steuerfahnder. War er das eigentliche Ziel des Mordes? Zwei Männer, gegen die er ermittelt, kommen infrage: der Unternehmer Benteler und der Journalist Winthir. Beide sehen sich als Opfer der Steuerprüfer. Vor allem aber geht es um die Frage des Einfühlungsvermögens: Der kinderlose Ballauf hat den Vater im Verdacht. Der Beamte Sven scheint so gar nicht zu der als lebenslustig geltenden Freya gepasst zu haben. Schenk winkt ab – und spricht Ballauf auch die Kompetenzen ab: „Wer keine Kinder hat, kann das nicht verstehen“, meint er. Insgesamt hat Ballauf nämlich deutlich mehr Feingefühl als sein Kollege.

Wer ermittelt?

Ballauf und Schenk sind eines der am längsten dienenden „Tatort“-Ermittlerpaare. Das merkt man auch. Die beiden sind aufeinander eingespielt, so schnell kann die Beziehung der beiden nichts erschüttern. Auch wenn der eine dem anderen vorwirft, ein Arschloch zu sein: am Ende des Tages wird gemeinsam am Würstelstand gespeist und ein Bierchen getrunken.

Was gefällt?

Keine weltpolitischen Themen, keine globalen Missstände: „Durchgedreht“ handelt von einer Durchschnittsfamilie. Gut so, zu viel Ehrgeiz schadet dem „Tatort“ oft. Insgesamt ist „Durchgedreht“ ein stimmiger Fall, dazu passt auch die schöne Chor-Version von Metallicas „Nothing Else Matters“ (vermutlich von dem belgischen Mädchenchor Scala), die in einer dramatischen Szene angespielt wird.

Und warum dann der Punkteabzug?

Zu einem „perfekten Fall“ ist noch Luft nach oben – vor allem beim hochdramatischen Schluss, der etwas konstruiert wirkt. Insgesamt ist „Durchgedreht“ aber ein ordentlicher Auftakt in die „Tatort“-Saison 2016/17. So kann es weitergehen.

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