"Westworld": Roboter an der Grenze zur Menschlichkeit

Können sich Androiden verlieben? James Marsden als Revolverheld Teddy und Evan Rachel Wood als schöne Farmerstochter Dolores in ''Westworld''
Können sich Androiden verlieben? James Marsden als Revolverheld Teddy und Evan Rachel Wood als schöne Farmerstochter Dolores in ''Westworld''(c) HBO/JOHN P JOHNSON
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In der schlauen und faszinierenden HBO-Serie „Westworld“ entwickeln Androiden ein Bewusstsein.

„Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“, fragte Autor Philip K. Dick in seinem Roman „Blade Runner“, von Ridley Scott später genial verfilmt. Die Mensch-Maschinen in der starbesetzen neuen HBO-Serie „Westworld“ träumen nicht von Schafen, sie haben Albträume von der Vergangenheit. Dabei sollten sie überhaupt nicht träumen oder sich erinnern, so wurden sie nicht programmiert. Ihre Aufgabe ist es, Menschen Vergnügen zu bereiten. Sie leben in einem Wildwest-Themenpark auf einem riesigen Stück Land, in dem nichts echt ist. Kein Rind, keine Schlange, kein Mensch – bis auf die Besucher, die dort ihre Fantasien ausleben. Schließlich darf man in „Westworld“, was man im echten Leben nicht tut: morgens Whiskey trinken, jemanden erschießen und rücksichtslos vögeln – auch gegen den Willen der lebensechten Roboter. Dadurch sollen die Gäste ihr Ich befreien und zu sich finden.

Faszinierender als das menschliche Triebleben sind die Androiden, die zunehmend ein Eigenleben entwickeln und immer humanoider wirken. „Lassen Sie sich nicht täuschen“, warnt Themenpark-Gründer Dr. Robert Ford (unergründlich: Anthony Hopkins) den Figurendesigner Bernard Lowe (sympathisch: Jeffrey Wright). Besonders menschlich wirkt die schöne, junge Dolores Abernathy (Evan Rachel Wood), der älteste Roboter im Park. Die Farmerstocher reitet jeden Tag in den Ort, um Besorgungen zu machen, jeden Tag fällt ihr eine Dose hinunter, die ihr dann ein „Held“ – manchmal Mensch, manchmal Androide – zurückgibt und so in Kontakt mit ihr tritt. Diese Routinen und Begegnungen formen sich zu Geschichten. Je nachdem, wie ein Mensch reagiert, geht die Narration weiter. Eine ausgetüftelte Wenn-dann-Konstruktion, wie eine gigantische Erzählmaschine, in der jedes Zahnrad in ein anderes klickt. Einer der Protagonisten ist jedoch an der Dekonstruktion interessiert: Ein namenloser Besucher (Ed Harris) will sich so tief in die Westworld eingraben, dass das „Spiel“ auseinanderbricht.

Das Konzept der Serie, unter andren von „Star Wars VII“-Regisseur J. J. Abrams produziert, ist lose angelehnt an den gleichnamigen Western von Michael Crichton (1973). Das Drehbuch stammt von Lisa Joy und ihrem Mann Jonathan Nolan. Dieser schrieb gemeinsam mit seinem Bruder, Regisseur Christopher Nolan, die Drehbücher zu „The Dark Knight Rises“, „Memento“ und „Interstellar“. Er ist ein Meister elliptischen Erzählens mit philosophischem Gehalt, was auch „Westworld“ zugutekommt. Vor allem gelingt es der Serie, zwei Genres miteinander zu verbinden, die bisher höchst selten gelungen verschmolzen werden konnten: den tot gesagte Western und die Science-Fiction. Sie teilen das Grundthema, die Grenzüberschreitung. In beiden werden die Ränder der Zivilisation – und damit der Menschlichkeit – ausgelotet. Zudem wirft „Westworld“ Fragen nach Identität und Bewusstsein auf.

Vorschusslorbeeren. Die ersten Kritiken für die schlaue Serie waren euphorisch. „Das ist das neue ,Game of Thrones‘“, lautet der Tenor. Der Anspruch, HBOs Erfolgsserie zu beerben, ist deutlich: Die Dreharbeiten wurden unterbrochen, damit die Autoren planen konnten, wie die Geschichte langfristig weitergeht: „Es ging nicht darum, die ersten zehn Folgen zu schreiben, sondern die nächsten fünf oder sechs Jahre zu kartografieren“, sagte James Marsden, einer der Darsteller. „Die Produzenten wissen bereits, wie die Serie ausgehen wird.“ Auch „Breaking Bad“-Erfinder Vince Gilligan hatte das Serienende früh vor Augen. Das sind vielversprechende Vorzeichen.

„Westworld“, ab 2. 10., Sky Ticket

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