Türkei hält Ende der Böhmermann-Ermittlungen für Skandal

NEO MAGAZIN ROYALE mit Jan B�hmermann
NEO MAGAZIN ROYALE mit Jan B�hmermann(c) ZDF und Ben Knabe (Ben Knabe)
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Die türkische Regierungspartei AKP übte scharfe Kritik an der Einstellung der Ermittlungen gegen den Satiriker. Die deutsche Regierung hält sich bedeckt.

Aus der türkischen Regierungspartei AKP ist harsche Kritik an der Einstellung der Ermittlungen gegen ZDF-Satiriker Jan Böhmermann laut geworden. Der Abgeordnete Mustafa Yeneroglu nannte es am Mittwoch einen "Skandal", dass die Mainzer Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Böhmermann wegen dessen "Schmähgedichts" über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan eingestellt hatte.

Das sei "ein Armutszeugnis für die deutsche Justiz", sagte der Erdogan-Vertraute. Er gehe davon aus, dass Erdogan Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen werde.

Yeneroglu kritisierte: "Dass eine derart offensichtliche Verletzung eines Straftatbestandes mit juristischen Taschenspielertricks und bester haarspalterischer Manier nicht weiterverfolgt wird, hätte ich als in Deutschland ausgebildeter Jurist nicht für möglich gehalten." Er warf der Staatsanwaltschaft vor, diese habe sich "mitreißen lassen von der allgemeinen Stimmung gegen den türkischen Präsidenten und dabei jegliches Gespür für die juristische Rechtsanwendung verloren".

Die Mainzer Staatsanwaltschaft hatte am Dienstag mitgeteilt, strafbare Handlungen seien nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen. Böhmermann hatte das Gedicht Ende März in seinem "Neo Magazin Royale" vorgetragen und damit den Zorn des türkischen Präsidenten auf sich gezogen.

Nach einem entsprechenden Verlangen der Türkei gab die deutsche Bundesregierung Mitte April den Weg für Ermittlungen gegen Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Staatschefs nach Paragraf 103 Strafgesetzbuch frei.

Deutsche Regierung: "Es ist alles gesagt"

Die deutsche Bundesregierung will die Einstellung der Ermittlungen nicht kommentieren. "Es ist alles gesagt", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.

Für die geplante Abschaffung des "Majestätsbeleidigungs"-Paragrafen liefen Gespräche in der Regierung, ein Gesetzentwurf werde "zu gegebener Zeit" vorgelegt, sagte Seibert.

Kritik an Merkel

Angesichts der Einstellung der Ermittlungen kritisierte Böhmermanns Anwalt Christian Schertz am Dienstag die Rolle von Kanzlerin Angela Merkel.

Merkel hatte eine erste öffentliche Äußerung, Böhmermanns Gedicht sei "bewusst verletzend", Ende April selbst als Fehler bezeichnet.

(APA/dpa)

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