Der Fall „Nachbarn“ führt Ballauf und Schenk in die idyllische Vorstadt. Gibt es dort überhaupt noch neue Geschichten zu erzählen? Nein. Muss bei einer stringenten Folge wie dieser aber nicht sein.
Unsere Wertung für diesen Tatort
8 von 10 Punkten
Worum geht's in „Nachbarn“?
Ab Abend setzt Werner Holtkamp noch hohe Thujen am Zaun zum Nachbarn ein, wenige Stunden später fliegt er – schon tot, wie die Gerichtsmedizin später feststellt – von der Autobahnbrücke vor einen Lkw. Die Spur führt Max Ballauf und Freddy Schenk in die Kölner Vorstadt, zu den hübsch aufgereihten Einfamilienhäusern. Dort hätte Holtkamp wohl keinen Beliebtheitswettbewerb unter der Nachbarschaft gewonnen. Als „kontaktgestörter Ordnungsfanatiker“ wird er beschrieben. Verstörend ist sein Haus: Von der Frau verlassen, hat er das Zimmer der geliebten Tochter in Plastik verpackt – wie auch sein Bett. Immerhin: zum Putzen ist es praktisch.
Worum geht's noch?
Die idyllische Vorstadt und ihre Abgründe – ein Thema, das uns eine Fülle von Serien beschert hat, von den „Desperate Housewives“ bis zu den „Vorstadtweibern“. Kann man dem noch etwas Neues abringen? Der „Tatort“ tut dies nicht wirklich, die Typen kennt man. Es gibt die einsame, vom Ehemann entfremdete Hausfrau (super: Birge Schade), die zumindest glücklich wirkende Kleinfamilie und das arme Hascherl mit dem Putzzwang, Sandra (Claudia Eisinger) – sie rückt immer mehr ins Zentrum des Falles. Denn der Stiefvater der jungen Mutter, Leo Voigt (Werner Wölbern), hat ein erstaunlich gutes Verhältnis zu den Nachbarn. Das muss misstrauisch machen! Vor allem Schenk, denn der ficht gerade selbst einen Streit mit seinem Nachbarn aus und weiß: my home is my castle – und muss geschützt und verteidigt werden. Nicht umsonst werden die Zäune in allerorts höher und höher.
Wer ermittelt?
Wie sich die Routiniers Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) in den Fall festbeißen und Schicht für Schicht die hübsche Fassade abtragen, ist nicht innovativ oder aufregend, aber konstant spannend. Gut auch, dass das Privatleben der beiden nicht ausgewalzt wird – ein paar Andeutungen reichen.
Was gefällt?
Der Kreis der Verdächtigen – und damit auch der handelnden Personen – ist in „Nachbarn“ ungewöhnlich klein. Nicht einmal die Arbeitskollegen des Opfers bekommen wir Zuseher zu Gesicht. Dadurch nimmt sich dieser „Tatort“ auch Zeit, die Figuren zu zeigen und ihnen zumindest ein wenig Tiefe zu geben. Besonders schön gelingt das mit der einsamen Nachbarin. Die Szene, in der sie Martini trinkend und weinend im eigenen Wohnzimmer tanzt, gehört zu den besten der Folge.
Wo hakt's?
Eigentlich nirgends. Ein rundherum gelungener, runder und solider Fall. Für die volle Punkteanzahl aber doch ein wenig zu brav.
Was lernen wir?
Thujen werden nicht umsonst auch „Friedhofsbäume“ genannt. Noch dazu sind sie giftig – und hässlich. Finger weg davon!
„Tatort: Nachbarn“, Sonntag, 26. März um 20:15 Uhr in ORF 2 und ARD