Babykatzengate: Presserat verurteilte "Kronen Zeitung"

Die "Krone" schrieb über einen Text von Stefanie Sargnagel, ohne zu erwähnen, dass es sich um einen literarischen Text stammt
Die "Krone" schrieb über einen Text von Stefanie Sargnagel, ohne zu erwähnen, dass es sich um einen literarischen Text stammt(c) APA (GEORG HOCHMUTH)
  • Drucken

Mit ihrer Berichterstattung über die Autorin Stefanie Sargnagel hat die "Krone" gegen den Ehrenkodex und gegen den Persönlichkeitsschutz verstoßen.

Die "Kronen Zeitung" hat mit ihrer Berichterstattung über die Autorin Stefanie Sargnagel gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse verstoßen, das hat der Presserat in einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung festgestellt. Die "Krone" habe ihren Lesern etwa die Tatsache unterschlagen, dass es sich um einen literarischen Text handelte. Die Sache hatte im März hohe Wellen geschlagen.

Konkret ging es um zwei Artikel, in denen die "Kronen Zeitung" bzw. krone.at über ein Reisetagebuch von drei Schriftstellerinnen, darunter Sargnagel, aus Marokko berichtete. Die Schilderungen aus Nordafrika empörten die schreibenden Redakteure - vor allem, wenn es um Haschisch, sexuelle Anspielungen und getretene Babykatzen ging.

Was die "Krone" besonders ärgerte: Zwei der Autorinnen hatten ein Reisestipendium vom Kunstministerium (in der Höhe von je 750 Euro) erhalten. "Saufen und Kiffen auf Kosten der Steuerzahler", titelte die Zeitung im ersten Artikel zu dem Thema.

Hinweis auf literarischen Text fehlte

Der Senat 1 des Presserats kam zu dem Urteil, dass eine Verletzung des Punkt 2 des Ehrenkodex - gewissenhafte und korrekte Wiedergabe von Nachrichten - vorlag. Denn wiewohl es Journalisten unbenommen sei, etwas zu kritisieren und für nicht gut zu befinden, hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass es sich bei dem "Reisetagebuch" um einen "literarischen Text und nicht um einen Tatsachenbericht" handelte.

Dafür spreche nämlich nicht nur der Umstand, dass der Text von einer Schriftstellerin verfasst wurde, "auch einige offensichtliche, bewusste Übertreibungen und Zuspitzungen im Text weisen darauf hin". Außerdem sei er im "Literaturteil einer Tageszeitung veröffentlicht" worden.

Kärntner "Krone" gab Wohnort bekannt

Im zweiten Artikel - in der Kärntner Regionalausgabe, Sargnagel ist derzeit Klagenfurter Stadtschreiberin - ortete der Presserat darüber hinaus auch noch eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes. Denn die Preisträgerin des Publikumspreises beim vorjährigen Bachmann-Wettbewerb wurde als "Fäkalautorin" und "willige Sargnagel" (in Anspielung auf eine Passage im "Reisetagebuch") bezeichnet, außerdem ihr Wohnort in der Kärntner Hauptstadt bekannt gegeben. "Aufgrund der Berichterstattung auf 'krone.at' und in der 'Kronen Zeitung' wurde die Schriftstellerin wüst beschimpft und bedroht", betonte der Senat. "Die Veröffentlichung des Wohnorts erhöhte die Gefährdung der Betroffenen."

Anlass für das Verfahren waren mehrere Beschwerden von Lesern beim Presserat. Die "Kronen Zeitung" hat die Schiedsgerichtbarkeit des Presserats bisher nicht anerkannt.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Drei Schauspielerinnen beleben Stefanie Sargnagels liebevoll-bissige Mädchen-Poesie
Pop

"Ja, eh!" Stefanie Sargnagel taugt auch als Theaterstück

Trost für traurige Individualisten und Individualistinnen bietet „Ja, eh! Beisl, Bier und Bachmannpreis“ im Rabenhoftheater, eine Fusion von Literatur und Mundart-Pop von Stefanie Sargnagel mit Voodoo Jürgens.
Stefanie Sargnagel beim Bachmann-Preis
Kultur

Sargnagel im Parlament: "Im echten Leben wurde ich nicht gemeuchelt"

Die Grünen luden die Autorin zu einer Lesung ins Parlament. Ein "Mob von alten weißen Männern und Sympathisanten der FPÖ" habe versucht, Sargnagel mundtot zu machen.
INTERVIEW MIT AUTORIN STEFANIE SARGNAGEL
Literatur

Verfassungsschutz ermittelt nach Drohungen gegen Autorin Sargnagel

Nach einem Artikel in der "Kronen Zeitung" war ein Shitstorm gegen die Bachmann-Publikumspreisträgerin Stefanie Sargnagel losgebrochen.
BACHMANN-PREIS: 1. TAG DES WETTLESENS
Medien

Sargnagel-Stück im Rabenhof-Theater, Facebook hebt Sperre auf

Das Wiener Theater führt am 19. April das erste Theaterstück von Stefanie Sargnagel auf. Mit Hinweis auf die aktuelle Babykatzen-Geschichte. Unterdessen hat Facebook die Sperre der Autorin aufgehoben.
Richard Schmitts Text über Sargnagels Marokko-Reise in der "Krone".
Medien

Was man zum "Babykatzengate" wissen sollte

Die "Kronen Zeitung" kritisiert die Bachmann-Publikumspreisträgerin Stefanie Sargnagel wegen eines Textes, der zum Teil dank Förderung des Bundes entstand. Ein Protokoll des bizarren Internet-Clashs.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.