ORF-Lederer zur Urlaubsdebatte: „Verwehre mich gegen jesuitischen Kodex“

Der neue Gremien-Sitzungssaal im ORF-Zentrum.
Der neue Gremien-Sitzungssaal im ORF-Zentrum.(c) ORF
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Die Urlaubsreisen von Bundeskanzler Christian Kern und ORF-Interviewer Tarek Leitner sorgten für eine heftige (Vorwahl-)Debatte im Publikumsrat am Dienstag. SPÖ-Freundeskreisleiter Heinz Lederer ist dagegen, aus diesem Anlass die Compliance-Regelungen zu verschärfen.

Wahlkampf ist. Deswegen werden auch in den ORF-Gremien die Debatten rauer. Zu spüren bekam man das am Dienstag bei der Sitzung des Publikumsrats, der den neu renovierten Sitzungssaal im ORF-Zentrum am Küniglberg einweihen durfte. Besonders heftig wurde da über gemeinsame Urlaube von Bundeskanzler Christian Kern und „Sommergespräche“-Moderator Tarek Leitner diskutiert. FPÖ und ÖVP kritisieren, dass Leitner das Interview mit dem Kanzler nicht hätte führen dürfen (FPÖ-Rätin Susanne Fürst spricht von einer „krassen Fehlentscheidung“, Andreas Kratschmar von der ÖVP hält das für „einfach nicht vereinbar“). ÖGB-Vertreter Willi Mernyi hingegen sieht in der Tatsache, dass Leitner die TV-Duelle mit dem Kanzler nicht moderieren wird, einen Vorstoß in Richtung „Berufsverbot“.

Am Donnerstag tagt der Stiftungsrat. ÖVP-Freundeskreisleiter Thomas Zach fordert für die kommenden Wahlkampfwochen, „dass die ORF-Information, angeleitet durch den Generaldirektor, den Wahlkampf mit Fairness und Äquidistanz bewältigt – der Beginn war ja mehr nur ein Stolpern“, sagt Zach im Gespräch mit der „Presse“. Ihn stört, dass ORF-General Alexander Wrabetz in vielen Bereichen säumig und wenig resolut ist: „Es ist nicht einzusehen, warum wir unsere Bemühungen nicht noch verstärken, das Konzept für den Standort Küniglberg umzusetzen. Nur ein bisserl mit dem Bürgermeister plaudern ist zu wenig“, so Zach: „Wir dürfen uns nicht abschassen lassen“.

Auch SPÖ-Vis-à-Vis Heinz Lederer will in Sachen Standort nichts mehr von „Plan A“ und „Plan B“ hören: „Wir müssen sehr rasch zu einer realistischen Lösung kommen.“ Was den Newsroom betrifft, gebe es „neuere technische Entwicklungen“ und „weniger Personal“. „Der trimediale Newsroom muss daher in der Dimension angepasst werden – kleiner oder anders aufgestellt“, so Lederer.

In der Urlaubs-Debatte hätte die ORF-Führung schneller Flagge zeigen müssen, kritisiert er. „Es kann nicht sein, dass Tarek Leitner privat einen Anwalt engagieren muss.“ Dass man aufgrund der Causa anlassbezogen die Compliance-Regelungen verschärft (ein Wunsch, den er in ÖVP-Reihen ortet) hält Lederer für unsinnig: „Ich verwehre mich dagegen, dass man jetzt anlassbezogen einen jesuitischen Kodex entwickelt.“

Regionales „Zwergerlfernsehen“

Diskutiert wurde auch übers Programm. Dass aus abgekündigten Innovationen für ORF eins nichts wurde und sich erst jetzt eine Arbeitsgruppe damit befasst, kommt bei ÖVP und SPÖ nicht gut an. Im Publikumsrat wurden auch Zweifel an der ORF 2-Nachmittagsschiene laut. Eva Blimlinger (Grüne) will gehört haben, dass die Quote „dramatisch“ zurückgeht – sie fürchte ein ORF-eins-Schicksal. Auch inhaltlich übt sie Kritik: Regionalisierung sei gut, „aber nicht als Zwergerlfernsehen in jedem Bundesland“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2017)

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