1,16 Quadratmeter Platz pro Kandidat

Der Privatsender Pro7 zeigt seit Donnerstag mit „Get the F*ck out of my House“ eine Art „Big Brother extrem“. 100 Menschen teilen sich vier Wochen lang ein Haus.

Die Aufregung in der deutschen Kleinstadt Mechernich hat sich zwar schon vor einiger Zeit gelegt. Jetzt könnte aber wieder Trubel in der 100-Seelen-Gemeinde in Nordrhein-Westfalen ausbrechen. Denn seit Donnerstag zeigt der Privatsender ProSieben „Get the F*ck out of my House“, jene Realityshow, die im Sommer mitten im Ort gedreht wurde.

Schauplatz war ein Haus mit 116 Quadratmetern und einem kleinen Garten im Stadtteil Satzvey. 100 Menschen im Alter von 19 bis 82 Jahren wurden ausgewählt, darunter 45 Frauen, 55 Männer, dieses Hauses vier Wochen lang zu teilen. Ein Haus, in dem es allerdings nur ein Bad mit Toilette, vier Betten und 1,16 Quadratmeter Platz für jeden Kandidaten gibt. Wer das Haus verlässt, ist raus aus dem Spiel. Wieso tut man sich das an? Weil es etwas zu gewinnen gibt. Wer es bis zuletzt im Haus aushält, bekommt ein Preisgeld von 100.000 Euro. Im Sommer zogen die hundert Kandidaten in das Haus ein, mitnehmen durften sie nur so viel Gewand und persönliche Gegenstände, wie in einer Plastikkiste Platz hatten. Moderiert wird die Sendung von Schauspielerin Jana Kilka und Moderator Thore Schölermann.

Noch mehr Erniedrigung

Zwei Jahre nach der Ausstrahlung der letzten „Big Brother“-Show (weniger Kandidaten, längere Wohndauer) auf RTLII setzt nun also erneut ein deutscher Privatsender auf dieses abgedroschene Showkonzept. Dass sich in Zeiten digitaler Dauerüberwachung überhaupt noch jemand einem solchen Experiment aussetzt, verwundert. Das Befremdliche an der neuen Variante dieser Realityshow ist, dass darin Menschen grundlos besonders erniedrigende Bedingungen auf sich nehmen. Unweigerlich fühlt man sich an Flüchtlings- oder Krisenunterkünfte erinnert, in denen tatsächlich mehrere Dutzend Menschen Nass- und Schlafräume teilen müssen. In kurzen Trailervideos bekommt man einen Vorgeschmack auf das, was die Kandidaten da durchgemacht haben: Nervenzusammenbrüche, Sanitätereinsätze und sehr viel Streit. Auch die neue Show ist übrigens wie schon das Original-„Big Brother“ eine niederländische Idee.

Deutsche Boulevardmedien sind bereits seit einigen Wochen freudig aufgeregt. Sucht man im Internet nach dem etwas sperrigen Titel der Show, findet man eine Liste an Artikeln über Skandale und Skandälchen rund um die längst abgedrehte Show oder Porträts der einzelnen Kandidaten. Der Titel einer aktuellen „Bild“-Geschichte über eine Teilnehmerin lautet: „So habe ich die Extremshow überlebt“. Publizistisches Warmlaufen für die nächste Runde Fremdschämen beim „Dschungelcamp“, das am 19. Jänner auf RTL startet. Dort kämpfen in Vergessenheit geratene Semi-Promis um etwas mediale Aufmerksamkeit.

„Get the F*ck out of my House“: Jeden Donnerstag, 20.15 Uhr, ProSieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2018)

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