TV-Beobachtungen

Lettermans neue Show: Rosen für Obama und die Kompromisse einer Ehe

Letterman und Obama saßen sich schon öfter gegenüber.
Letterman und Obama saßen sich schon öfter gegenüber.(c) Joe Pugliese/Netflix
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Trotz eines gleichzeitig herzlichen und tiefsinnigen Barack Obamas blieb die Erstausgabe der neuen Show von Talk-Legende David Letterman ein wenig trostlos.

Die Kombination hörte sich vielversprechend an: Ex-Präsident Barack Obama, der sich im vergangenen Jahr medial sehr rar machte, im Gespräch mit Talk-Legende David Letterman. Beide verließen kürzlich ihre Langzeit-Jobs, wie sie zu Beginn der Sendung sagen - und bringen sich damit gleich auf eine gemeinsame Ebene. Doch auch, wenn die Plauderei geistreich und unterhaltsam ist: Neues erfährt man nicht. Der sprichwörtliche Elefant im Raum, Donald Trump, ist nicht wirklich Thema - und Lettermans allzu häufige Komplimente an den ideal charmanten und geistreichen Gesprächspartner nehmen dem Gespräch einigen Reiz.

Angeblich ließ sich Netflix die Show mit dem sperrigen Titel “My Next Guest Needs No Introduction with David Letterman“ einiges kosten. Seine kolportierte Gage von zwei Millionen Dollar pro Folge ist für Letterman kein Grund, nicht über den Streaming-Dienst zu witzeln. Wie zum Beispiel, dass er eigentlich keine Ahnung habe, was Netflix überhaupt sei. Gekonnt bewegen sich die beiden Männer in der Sendung zwischen Ernst und Ironie, zwischen Politik und Privatleben, zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Barack Obama bringt dabei ernste Probleme auf den Punkt (eine der größten Herausforderungen für die Demokratie in den USA sei „das Ausmaß, in dem wir keine gemeinsame Basis für Fakten teilen. Wenn man Fox News sieht, lebt man auf einem völlig anderen Planeten“). Er formulierte schöne Sätze über seine Töchter ("Kinder zu haben ist, als trage man sein Herz außerhalb des Körpers") und seine Mutter  - aber Letterman fragte dezidiert nach Dingen, die schon lange zuvor publiziert wurden. Den größten Teil der Sendung macht die Erinnerung an die Bürgerrechtsbewegung aus. In einem Einspieler ist zu sehen, wie Letterman nach Alabama reist, wo er den einstigen Aktivisten John Lewis trifft.

Viel zu viele Rosen

Natürlich alles recht interessant. Was stört, ist aber, wie viele Rosen Letterman Obama streut. Für europäische Ohren ist es ohnehin ungewohnt, wenn Moderatoren ihre persönlichen Gefühle so direkt vortragen. Aber auch der Washington Post war es zu viel: Letterman befinde sich viel zu sehr in der „Knechtschaft“ seines ersten Gastes, so das Urteil. Das extrem reduzierte Setting – auf der Bühne nur zwei Ledersessel – trägt das Versprechen eines hoch konzentrierten Gesprächs, nicht das eines schmeichelnden Plauderns. Eingehalten wird es nicht.

Und was hat es nur mit diesem weißen Rauschebart auf sich, den David Letterman trägt? Die Altersweisheit würde man ihm auch rasiert abnehmen, und während bei Harald Schmidt der After-Job-Bart in Richtung Robinson Crusoe ging und so ein wenig Ferienstimmung erzeugte, lässt bei dem 70-jährigen Letterman eher der gutmütige Märchenonkel grüßen. „Nun, Mr. President, weiß ich, dass Sie wieder ins Oval Office zurückmüssen“, sagt Letterman gegen Ende des 60-minütigen Gesprächs. Allerdings, so viel erfahren wir dann doch: Barack Obama würde auf keinen Fall für eine dritte Amtszeit kandidieren, denn sonst würde ihn seine Frau verlassen. Kompromisse einer Ehe oder vielmehr der ernsthafte Abschluss eines Lebensabschnitts? Jedenfalls steht auch Michelle Obama als Kandidatin nicht bereit, sagt der Ex-Präsident zur großen Enttäuschung des Publikums vor Ort.

Keiner in den USA hielt sich länger in Late-Night-Shows als David Letterman, er moderierte die Late Night auf NBC und The Late Show auf CBS. Nun ist er in seiner neuen Show “My Next Guest Needs No Introduction with David Letterman“ auf Netflix zu sehen. Sechs Episoden sind vorgesehen, der nächste Gast ist George Clooney.

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