Debatte um Anstiftung zu Cyber-Mobbing in Posting des RFJ Steiermark

Eine "Standard"-Journalistin wurde namentlich mit Foto in dem Posting genannt, mit dem Hinweis auf ihre E-Mailadresse, sollte man ihr "etwas zu sagen" haben. Anlassfall war ein Artikel der Journalistin, der im Zuge des NS-Liederbuch-Skandals geschrieben worden war.

Ein Facebook-Posting vom Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) Steiermark sorgt in sozialen Medien für eine Diskussion um Anstiftung zu Cyber-Mobbing. Die Freiheitlichen zeigen in dem Posting Colette Schmidt, eine Journalistin des "Standard", und nennen unter anderem ihre dienstliche E-Mailadresse. In den Kommentaren ist von einem Aufruf zu Mobbing die Rede. Der RFJ Steiermark verteidigte das Posting.

Konkret handelt es sich um einen Link zu einem Videostill aus einem Archiv der ÖVP-Veranstaltungsreihe DiensTalk, auf dem Schmidt zu sehen ist. Der RFJ schrieb in dem Posting dazu: "Das ist Colette. Colette schreibt für den Standard und stellt gerne FPÖ-ler an den Pranger." Falls man "Colette etwas zu sagen" habe, veröffentlichen die jungen Freiheitlichen auch ihre E-Mailadresse, aus der auch ihr Nachname zu entnehmen ist.

Anlassfall Artikel zu NS-Liederbuch-Skandal

In den Kommentaren unter dem Posting wird der RFJ von Facebook-Usern aufgefordert, das Posting zu löschen und die Rolle von Journalisten zu akzeptieren. Manche bezeichnen den Beitrag als "würde- und geschmacklos". Jürgen Angerer, geschäftsführender Landesobmann des RFJ, meinte auf APA-Nachfrage, dass das Posting "nicht als Mobbing-Aufruf zu sehen" sei. Anlassfall sei ein "unsäglicher Versuch von Schmidt" gewesen, einen "Konnex zwischen unbescholtenen Menschen" mit Vereinsmitgliedschaft und dem Liederbuch-Skandal herzustellen. Damit bezog sich Angerer auf einen Artikel, der vergangenen Freitag im "Standard" unter dem Titel "Korporierte in den Kabinetten" erschienen war, den Schmidt mit anderen zusammen recherchiert und geschrieben hatte.

Einen solchen Konnex hält Angerer für "unzulässig". Mit der "sogenannten Recherche" seien "Unbescholtene an den Pranger" gestellt worden. Er meinte, "Leserbriefe tun keinem weh" und man "muss damit leben, wenn man polarisierend berichtet". Es sei in seinen Augen kein Aufruf zu Mobbing. "Der Schelm denkt, wie er ist." Der Vorwurf zum Aufruf sei aus der Luft gegriffen und die Debatte "hochgespielt". Dass nur Schmidt und keine anderen Journalisten, die ebenfalls über gleiche Themen berichten, in dem Posting genannt werden, begründete Angerer damit, dass sie es losgetreten habe. Man wolle mit dem Posting nur darauf "hinweisen, Berichte zu schreiben, ohne eine Gruppe unter Generalverdacht zu stellen".

"Standard" will juristisch gegen Urheber des Postings vorgehen

Anders sieht man dies offenbar beim "Standard": Die Tageszeitung will juristisch gegen die Urheber des Postings vorgehen und lässt "der freiheitlichen Parteijugend einen anwaltlichen Brief zukommen", hieß es Montagnachmittag in der Online-Ausgabe. Der "Standard" kritisierte darin auch, dass das Posting auch nach Tagen immer noch abrufbar war, obwohl es mehrfach gemeldet wurde.

Übrigens war desselbe verwendete Bild von Schmidt bei einem Artikel der rechten Zeitschrift "Zur Zeit", der laut ihrem Twitter-Beitrag "Unwahrheiten und Beleidigungen" über sie enthielt, schon einmal Teil eines Zivilrechtsstreits mit den Herausgebern dieser Zeitschrift gewesen. Damals verlor "Zur Zeit" den Prozess und musste eine Gegendarstellung drucken.

"Demokratiefeindlich"

Angerer sieht dagegen "keinen Verstoß gegen die Rechtsvorschriften", daher wolle man das Posting "aus jetziger Sicht auch nicht löschen". Das verwendete Foto sei über eine gewöhnliche Google-Suche zu finden, Copyright oder Persönlichkeitsrechte seien nicht verletzt, auch die E-Mailadresse sei öffentlich bekannt. Die steirische ÖVP gab vorerst keine Stellungnahme zur Verwendung ihres Fotos ab.

Die steirischen Grünen kritisierten unterdessen in einer Aussendung, dass der RFJ auf Facebook auf "letztklassige Art und Weise" hetzen würde. Die Nachwuchsorganisation der FPÖ rufe in ihren Augen die User auf, der Journalistin per Mail oder auf ihrer privaten Facebookseite die Meinung zu sagen. Die Landtagsabgeordnete Lara Köck forderte RFJ-Obfrau Liane Moitzi auf, "diese Kampagne sofort zu stoppen". Kritische Journalisten an den Pranger zu stellen sei "demokratiefeindlich".

(APA)

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