Presserat: Kurz als "Neofeschist" im "Falter" kein Problem

So sah das Falter-Cover nach der Wahl im Oktober aus.
So sah das Falter-Cover nach der Wahl im Oktober aus.(c) Cover Falter
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Die Verschmelzung der Worte "fesch" und "Neofaschist" auf dem Cover des "Falter" wird nicht beanstandet, weil der "Falter" auf einen Kommentar verwies.

Der Presserat hat kein Problem mit der Bezeichnung "Neofeschist" für Bundeskanzler Sebastian Kurz. Die Wiener Stadtzeitung "Falter" hatte den ÖVP-Obmann in seiner Ausgabe nach der Nationalratswahl 2017 mit diesem Titel aufs Cover gehievt, worüber sich Leser beim Presserat beschwerten. Der beschied: Da der "Falter"-Aufmacher auf einen Kommentar im Blattinneren verweise, gehe die Meinungsfreiheit besonders weit.

"Der Neofeschist" titelte die Wochenzeitung am 18. Oktober 2017, drei Tage nach dem Wahlsieg der ÖVP - natürlich bebildert mit einem Foto von Kurz. "Fesch und siegreich - Sebastian Kurz hat die Bewegung, die Kraft, den Willen. Armin Thurnher über die Rückkehr eines Phänomens", lautete der Untertitel. Somit verwies der Aufmacher auf den Kommentar von Herausgeber Thurnher auf Seite fünf, der wieder betitel war mit: "Unser Neofeschist."

Darin analysierte Thurnher den Wahlausgang und führte in Bezug auf Kurz unter anderem aus, dass dieser "eine der Grundvoraussetzungen von Autoritarismus erfüllt" habe, nämlich eine "Gefolgschaft" zu schaffen, "die sich mit ihm identifiziert". Und abschließend: "Die Ästhetik seiner Werbung oszilliert zwischen Riefenstahl und 70er-Jahre-Männermagazin. Dazu kommt seine Jugend." Kurz sei "fesch und neu, als wäre uns soeben der Erlöser erschienen".

Verschmelzung der Worte "fesch" und "Neofaschist"

Der Presserat räumte am Mittwoch ein, dass Kurz durch die Verschmelzung der Worte "fesch" und "Neofaschist" zu dem Neologismus "in gewisser Weise in die Nähe von Neofaschismus" gerückt werde, "auch wenn dieser Vorwurf nicht ausdrücklich geäußert wird". Thurnher verwende diesen Begriff "bereits seit einigen Jahren für verschiedene andere Politiker", so der Senat 1. In der Tat schilderte der Herausgeber selbst - in der darauffolgenden Ausgabe vom 25. Oktober - wie er "Feschismus" ursprünglich 1999 "erfand", und zwar bei seinen Überlegungen zu "Jörg Haiders Wende zum Austrochauvinismus".

Der Senat kam aber letztendlich zu dem Schluss, dass das beanstandete "Falter"-Cover im Zusammenhang mit dem Kommentar stehe. "Nach der ständigen Entscheidungspraxis der Senate des Presserats reicht die Meinungsfreiheit bei Kommentaren besonders weit." Die Presse- und Meinungsfreiheit schütze zudem auch Meinungen, die "verstören, schockieren, polarisieren oder die nicht von allen geteilt werden". Außerdem komme es bei Schlagzeilen "regelmäßig zu Zuspitzungen und Verkürzungen". Im Kommentar selbst werde der Begriff dann "entsprechend erläutert und aufbereitet".

(APA)

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