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„Loudermilk“ auf Amazon: Wieder ein Typ mit harter Schale!

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Im Mittelpunkt von „Loudermilk“ steht ein Ekel, der eine Selbsthilfe-Gruppe für Alkoholiker leitet. Überraschung: Er ist eigentlich ganz nett.

Möglicherweise ist es ungerecht. Denn Tatsache ist: So schlecht ist die neue Amazon-Serie gar nicht. Die Dialoge sind flott, die Geschichte selber ist kurios – ein ehemaliger Pop-Kritiker namens Sam Loudermilk verdingt sich nach Alkoholexzessen samt anschließendem Entzug als Putzmann und leitet nebenbei eine Selbsthilfegruppe – und mit Ben und Claire gibt es mindestens zwei Figuren, denen man gerne zuschaut. Ben ist Loudermilks einmal kichernder, dann wieder polternder WG-Genosse und ein heimlicher Suffkopf, was einigen Sprengstoff birgt. Claire ist ein drogensüchtiges Töchterchen aus gutem Hause, das zum Steine-Erwecken schnarcht und das nur deshalb auf dem Sofa der beiden landen darf, weil seine Mutter mit dem Pfarrer befreundet ist, dessen Gemeinde besagte Selbsthilfegruppe anbietet.

Das sind also die Positivseiten der von Peter Farrelly („Dumm und dümmer“, „Verrückt nach Mary“) und Bobby Mort („Der Colbert Report“) entwickelten Serie. Die negativen: Da wurden allzu viele der Serien-üblichen Ingredienzien zusammengemixt. Das „Sie-können-zueinander-nicht-kommen-oder-doch?“-Motiv etwa: In die Wohnung nebenan zieht eine junge Frau ein, die eigentlich einen Freund hat und einen schrecklichen Musikgeschmack, aber die Betonung liegt auf eigentlich. Loudermilk verehrt Alison klarerweise trotzdem. Werden sie sich kriegen?
Ärgerlicher ist, dass auch die Hauptfigur allzu bekannten Mustern folgt: Man kennt sie unter anderem von „Dr. House“, „Two and a Half Men“ und von gefühlt 90 Prozent aller Detektivserien, darunter auch Benedict Cumberbatchs „Sherlock“: Ein Typ gibt sich so richtig ekelhaft und egozentrisch, er stößt alle vor den Kopf, ist rüde und eigentlich unverlässlich, aber wenn man ihn braucht, ist er trotzdem da, denn er hat sein Herz am rechten Fleck.

Ron Livingstone mit viel Dackelblick

Sam Loudermilk, dargestellt von Ron Livingston (mit viel Dackelblick) ist ein allzu durchschaubares Exemplar des hart-weichen Kerls: Er beschimpft munter Menschen, etwa einen gutmütigen Barbesucher, der auf seine Bitte hin einen Sitz weiter rückt. Ob er sich vielleicht jetzt gut vorkomme? Ob er glaube, nur weil er ihm den Platz überlassen habe, sei er schon Mutter Theresa? Ihn nach dem Weg zu fragen, sollte man sich besser dreimal überlegen. Und bei Starbucks lässt man ihm auch besser den Vortritt. Dem drogenabhängigen Töchterlein erklärt er erst, sie solle doch bleiben, wo der Pfeffer wächst, ihm sei sie von Herzen egal.

Ein psychologischer Trick? Jedenfalls kümmert er sich dann rührend um die Kleine. Und auch für die Teilnehmer seiner Selbsthilfegruppe würde er wohl durchs Feuer gehen. Für seinen Freund Ben auch? Und für Alison? Nun ja, ein paar unerwartete Wendungen gehören auch noch zur Positivbilanz.

Amazon zeigt die von Audience produzierte erste Staffel – bestehend aus zehn Folgen à 30 Minuten – seit Mitte Jänner. Hauptdarsteller Ron Livingston kennt man aus „Sex and the City“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2018)

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