Wie lässt sich der Beitrag um Markus Abwerzger journalistisch bewerten? Alexander Wrabetz fordert Erklärungen. Die verantwortliche Redakteurin wurde derweil als Moderatorin abgezogen.
Die ORF-Spitze sieht nach der wiederholten Kritik der FPÖ an der Berichterstattung nun offenbar Handlungsbedarf. Wegen des jüngsten Falls, dem Beitrag über den Tiroler FPÖ-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger (Stichwort: "stinkerte Juden"), gibt es einen Auftrag von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz: Landesdirektor Helmut Krieghofer soll bis Dienstag einen Bericht zur Causa vorlegen. Und: Die verantwortliche Redakteurin wurde als Moderatorin für die "Elefantenrunde" in Tirol abgezogen.
In dem von Wrabetz geforderten Bericht soll der Landesdirektor den strittigen Beitrag journalistisch bewerten. Zur Erinnerung: In einem ORF-Beitrag von Freitagabend hatte der blaue Tiroler Spitzenkandidat Markus Abwerzger bei einem Wahlkampftermin scheinbar widerspruchslos antisemitisches Gedankengut zur Kenntnis genommen. Tatsächlich scheinbar: Er bestritt dies, und eine schließlich vom ORF nachgereichte modifizierte Version bestätigt auch, dass Abwerzger dem Mann sehr wohl widersprochen hatte.
Was in dem Bericht geklärt werden soll
Nun soll der Landesdirektor in einem Bericht aufklären, warum Abwerzger verkürzt bzw. sinnverstellend wiedergegeben worden sei. Außerdem soll erklärt werden, warum antisemitische Äußerungen eines Passanten unkommentiert im Fernsehen gezeigt würden. Wrabetz will sich nach Vorliegen des Berichts auch weitere Schritte vorbehalten.
Der Streit zwischen FPÖ und ORF kocht schon einige Zeit hoch. Er reicht von angeblichen Plänen zur Abschaffung von FM4 bis zur Nicht-Nennung Norbert Hofers in einem Beitrag der ZIB. Die ÖVP hielt sich bisher zurück. Am Wochenende erklärte aber Thomas Zach, Sprecher der ÖVP-Stiftungsräte im ORF, dass nun Alexander Wrabetz "als oberster Info-Chef gefordert" sei. Und interpretierte Fehler in der ORF-Information als "Führungsproblem".
"Kein Wort der Entschuldigung"
Beiträge, Formulierungen, einzelne Worte werden nun genau analysiert. Hat der ORF am Samstag einen Fehler beim fraglichen Beitrag zugegeben? Auch das ist strittig. Beim ORF sah man die Sache mit der neuen Version des Beitrags als "erledigt" an. Nicht so FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein. Er sprach sogar davon, dass sich "der Tiroler ORF-Manipulationsskandal" ausweite: "Die vermeintliche Aufklärung in der gestrigen Sendung "Tirol heute" bringt das Fass endgültig zum Überlaufen. Die Einmoderation von Tirol-heute Redakteurin Sybille Brunner war rein rabulistisch motiviert, um die Manipulation des Vortages möglichst vergessen zu lassen. Es findet sich kein Wort der Entschuldigung - der ORF-Fehler wird ebenfalls nicht erwähnt. Stattdessen wird einmal mehr falsch missverständlich und manipulativ berichtet."
Konsequenzen soll es jedenfalls geben. Die Causa soll im nächsten Stiftungs- und Publikumsrat thematisiert werden. Und die FPÖ Tirol hat Beschwerde gegen den ORF bei der KommAustria eingelegt.
Zum Originalbeitrag des ORF Tirol >>> (die fragliche Passage ab 03:10)
Zum "modifizierten" Beitrag des ORF Tirol >>>
Anders handhabte die ZIB die Causa >>>
Es gibt aber auch Reaktionen in die entgegengesetzte Richtung: Die Tiroler Liste Fritz sieht ein "Kesseltreiben" gegenüber der ORF-Journalistin, die den Beitrag gestaltete. Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider kündigte an, nicht an der Elefantenrunde teilzunehmen, weil die Journalistin des Beitrags als Moderatorin abgezogen wurde. Zugleich forderte Haselwanter-Schneider alle anderen Spitzenkandidaten auf, es ihr gleich zu tun. "Das ist ein politisches Signal, dass uns allen die Unabhängigkeit des ORF und der Schutz der Mitarbeiter und Redakteure ein echtes Anliegen ist", erklärte Haselwanter-Schneider.
(rovi)