„Here and Now“: Depressiv und verloren im Trump-Land

Here and Now
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Die Serie „Here and Now“ seziert das Leben einer progressiven Familie in der Hipster-Hochburg Portland.

Der Philosophieprofessor Greg Boatwright (Tim Robbins) hat Geburtstag, den 60. Seine Frau Audrey (Holly Hunter) organisiert ihm zu Ehren ein großes Fest in ihrer kleinen Villa am Stadtrand von Portland (Oregon). Doch Greg ist nicht zum Feiern zumute, kurz vor der Feier weint er unter der Dusche. Die flehenden Worte seiner Frau kurz vor seiner Ansprache ignoriert er: „Bitte sag' nichts Deprimierendes.“ Natürlich tut er es. Seine schwere Krise hat jedoch nur am Rande mit seinem Alter zu tun. Der liberale Professor, der lange ein komfortables Leben in der Hipster-Hochburg an der Westküste der Vereinigten Staaten geführt hat, ist bitter enttäuscht über die Niederlage der Demokraten und Donald Trumps Sieg bei den jüngsten Wahlen. „Wir haben verloren. Wir haben verloren“, sagt er in seiner Geburtstagsrede. Und hinterfragt im nächsten Atemzug sein progressives Lebenskonzept und „dieses großartige Experiment, das unsere Familie ist“: Drei Adoptivkinder aus drei Ländern, eine leibliche Tochter als Nachzüglerin. Ein fast an Besessenheit grenzendes Interesse für das Andersartige zeichnet das Paar Boatwright seit fast 35 Jahren aus.

Mitten in der „Trump-Life-Crisis“

Greg hätte die Gäste sicher gern ausführlicher an seiner „Trump-Life-Crisis“ teilhaben lassen, wie der „Spiegel“ es treffend nennt. Wenn nicht sein Adoptivsohn Ramón, geboren in Kolumbien, genau jetzt eine seiner seltsamen Halluzinationen gehabt hätte. Ständig sieht er auf Displays und in Gegenständen die Zahlenkombination 11:11. Eine mysteriöse Tangente, die die Serie „Here and Now“ nicht gebraucht hätte. Spannend genug sind die Lebens- und Liebesgeschichten dieser superliberalen Familie. In der Mutter Audrey besser mit der Homosexualität ihres jüngsten Adoptivsohns umgehen kann als mit der Tatsache, dass ihre in Liberia geborene Tochter Ashley einen Republikaner geheiratet hat.

Die Serie von „Six Feet Under“-Erfinder Alan Bell macht vor allem wegen der Schauspieler, allen voran Holly Hunter und Tim Robbins, neugierig. Hinterlässt einen aber enttäuscht. Bei „Transparent“ war die chaotische Familie genauer und und lustiger gezeichnet, in „Big Little Lies“ waren die Nöte moderner Großstädter greifbarer. Schade. Stoff und Darsteller hätten Potenzial.

„Here and Now“: Seit 11. 2. und ab sofort jeden Sonntag eine neue Folge im Original bei Sky. Ab 28. März auch in der deutschen Synchronfassung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2018)

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