Geschichten von Gewalt und Schöpfung

Englische Bogenschützen bei modernen Übungen
Englische Bogenschützen bei modernen Übungenwww.historic-uk.com
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Die neue Serie Von der Keule zur Rakete – Die Geschichte der Gewalt auf ZDFinfo erzählt von der Historie von Waffen und Krieg. Und wie beide enorme Triebkräfte von Technik und Zivilisation sind.

Ganz bestimmte Schwerter und Speere, mit deren Hilfe Rom von einer regionalen Mittelmeermacht zur transkontinentalen Supermacht wurde und seine bis heute nachwirkende Kultur verbreitete; ein Bogen und ein Hammer, mit denen das gemeine Volk im Mittelalter gegen den Adel bestehen und etwa in England demokratische Rechte erringen konnte; eine besonders zerstörerische Gewehrkugel, die im 19. Jahrhundert zur Gründung des Roten Kreuzes und ersten Verträgen des Humanitären Völkerrechts führte: Dass Gewalt, Krieg und Zerstörung auch mit Schöpfung, technischem und zivilisatorischem Fortschritt verbunden sind, will eine zehnteilige Serie zeigen, die der feine Informations- und Doku-Kanal ZDFinfo ab Mittwoch, 21. Februar, sendet.

Man betrete mit „Von der Keule zur Rakete – Die Geschichte der Gewalt" ja ein Terrain, das in Deutschland (und gewiss Österreich) eher heikel sei, heißt es im ZDF. Tatsächlich werden diese Themen dort vor dem Hintergrund einer unreflektiert pazifistischen Grundtendenz eher tabuisiert. Wer sich damit beschäftigt, gilt rasch als Militarist, wenn nicht gar als Bellizist, anders als etwa im angelsächsischen und frankophonen Raum, wo TV-Serien über Waffen und Militärgeschichte ganz normal sind und Literatur dazu blüht, da der Zugang sachlicher und weniger moralisch aufgeladen ist.

Zum Beweis sehe man sich jede normale Flughafenzeitungshandlung an: Über Waffentechnik und Militärgeschichte finden Sie in London, Paris oder Los Angeles mindestens so viel, wenn nicht mehr als etwa über Kunst.

Büchsenmacher, Mediziner, Physiker, Psychologen

ZDFinfo nützt eine Erzählform, die übers rein Waffentechnische hinausgeht und Gewalt auch in wissenschaftlichen, sozialen und polithistorischen Kontext stellt. Neben Büchsenmachern und Schwertschmieden treten Experten aus Feldern wie Physik, Chemie, Medizin, Psychologie und Archäologie auf, aus Ländern wie Deutschland, England, der Schweiz und Dänemark.

Spielszenen sind mit historischem Material verwoben, und teils recht witzige Computeranimationen eingebettet. In Episode 1 zeigt etwa der Bogenschützenspezialist Anton Weninger im Burgenland, wie man einen der berüchtigten englischen Langbögen aus Eibenholz baut und mit ihm schießt. Damit rieb anno 1346 bei Crécy in Nordfrankreich ein etwa 12.000 Mann starkes englisches Heer eine mehr als doppelt so große französische Armee mit mächtigem gepanzerten Kavallerieanteil auf, zerstörte die Elite des französischen Adels und brach dem Land für Jahrzehnte das Genick.

Maori-Bataillon in Ägypten anno 1941 nach dem britischen Rückzug vom Feldzug in Griechenland.
Maori-Bataillon in Ägypten anno 1941 nach dem britischen Rückzug vom Feldzug in Griechenland.Imperial War Museum

In anderen Folgen geht es etwa um die Fortschritte der Metallurgie in Folge der Waffenschmiedekunst, das Geheimnis des norischen Eisens inklusive astronomischer Verwicklungen, den Krieg als Befeuerer der Luftfahrt, Österreicher als Vordenker des Panzerbaus und darum, wieso ein Messer an der Spitze eines gewöhnlichen Gewehres die Bedrohlichkeit des Angreifers in der Psyche des Angegriffenen dramatisch steigert. Und von dort ist es nicht weit zu den Geheimnissen der psychologischen Kriegsführung samt Sirenen auf fallenden Bomben und des einschüchternden, aber auch Mut machenden "Haka"-Kriegstanzes der Maori mit wüstem Schreien, Grimassieren und Zungezeigen, der von neuseeländischen Maori-Truppen tatsächlich auch im I. und II. Weltkrieg in Nordafrika und Europa zelebriert wurde.     

Mit dem Satz „Waffen: Es gibt sie, seit es Menschen gibt" beginnen die je 45-minütigen Folgen mit betont getragener Stimme. Das legt indes nahe, dass Waffen zum humanen Normalzustand gehören und Versuche einer Totalentwaffnung der Menschheit ins Reich einer Utopie gehören, die in letzter Konsequenz vielleicht nicht einmal so segenreich ist.

Die ersten vier Folgen über Distanzwaffen, Angriff aus der Luft, Waffen für jedermann und Nahkampf laufen heute Mittwoch, 21. 2., ab 20.15 Uhr. Wiederholung: 26. 3. Die Folgen 5 bis 7 kommen am 10. April.

www.zdfinfo.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2018)

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