Bei Stöckl: Der Schoko-Roboter hat sich den Finger gebrochen

Stöckl
StöcklORF/Günther Pichlkostner
  • Drucken

Technisch und emotional ging es bei Barbara Stöckl am Donnerstag zu: Die Robo-Invasion ist ausgefallen, vorerst zumindest. Über Demokratie und Stereotype bei der Technologisierung.

Die Roboter kommen, aber sie kommen ein bisschen holprig daher. Erinnern wir uns zum Beispiel an die jüngsten Bilder von den Olympischen Spielen im südkoreanischen Pyeongchang, als seltsam quadratische und ungelenke Ski-Roboter den Hügel hinunterfuhren, dabei zunächst einmal die Pistenmarkierung niedermähten, und anschließend einen Olympia-Mitarbeiter. Wozu dieser Unfug? Nun: Roboter ist nicht gleich Roboter. Es sind absurde Kreationen wie diese Ski-Kabelwesen, die die gesamte Roboterwelt in Misskredit bringen. Bei Barbara Stöckl führte die „Roboterpsychologin“ Martina Mara aus: Die künstliche Intelligenz, die uns Menschen simuliert oder ersetzt – diese Idee sei zwar Unsinn, aber leider stereotyp. 

Die Roboter, sie sind eine von den vielen Herausforderungen unserer Zeit, denen sich Stöckl und ihre Gäste streckenweise philosophisch gewidmet haben. Mara beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Maschinisierung auf die Menschheit, und sie hat durchaus Spannendes zu berichten. Der Ski-Roboter, der Altenpflege-Roboter, sie werden zwar medial herumgereicht, sind jedoch nicht die Hauptdarsteller: Sie sind die emotionalen Erfindungen, aber bei der Science-Fictionisierung unserer Gesellschaft wird es um die funktionalen Maschinen gehen. Die Robocops werden uns Menschen also nicht ersetzen, sondern ergänzen. So jedenfalls die Wunschvorstellung der Diskutanten Mara, Schoko-König Josef Zotter, Autorin Barbara Pachl-Eberhart und Pop-Philosoph Richard David Precht.

Dabei hatte die Runde für die interessanteste Frage wenig Diskussionsraum: Ist der technische Fortschritt eigentlich eine demokratische Entscheidung? Precht erinnerte daran, dass die groß geträumten Visionen für unser Jahrhundert noch gar nicht Realität geworden sind, also Kolonien auf dem Mars oder tief drin im Ozean. Ob wir das alles überhaupt wollen, diese Debatte fange erst jetzt an: „Wir haben das verpennt.“ Gleichzeitig durchdringen die Maschinen sehr wohl unseren Alltag, würden es vielleicht sogar öfters tun, wenn sie nicht so teuer wären.

Ein Beispiel für einen „funktionalen“ Roboter brachte Zotter: Seit einigen Monaten arbeitet in seiner Fabrik ein Schoko-Roboter, er ergänze dort die Tätigkeiten, „die er besser machen kann als der Mensch.“ Er könne die Handgriffe rascher umstellen, die Schokolade schneller individualisieren. Als Zotter den Schoko-Roboter anschaffte, waren die Mitarbeiter wenig erfreut. Aber für ihn sei die Maschine eine „Weiterentwicklung des Fließbandes“, kein Menschenersatz. Einen Namen hat der Schoko-Roboter übrigens nicht, aber den Finger hat er sich schon einmal gebrochen, obwohl er nur in Ansätzen menschlich aussieht. Ein Bild des Gipsarmes ist uns die Redaktion auch schuldig geblieben.

Stöckl präsentierte in ihrer Sendung eine Tour d'Horizon über die Themen, die die entwickelte Welt bewegen, aber über die vor allem Precht publiziert hat. Die da wären: Digitalisierung, die Suche nach dem Ich, das Ich allgemein, Erinnerungskultur. Die FAZ hatte den deutschen Philosophen schon zur „Precht-AG“ erklärt und „Doktor Allwissend“ genannt: „Mit einfachen Weisheiten ist er zum Millionär geworden.“ Bei Stöckl stellte Precht fest: „Der Mensch lebt durch Kontraste“, und er führte seine philosophischen Gedanken mit Praxisbeispielen aus dem Alltag aus, in diesem Fall: Wir Menschen finden, dass Kinder uns glücklich machen, obwohl sie uns einfach nur die Nerven rauben. „Wenn sie dann abends im Bett liegen, dann sehen sie so lieb und friedlich aus, das versöhnt für den ganzen restlichen Mist.“ Prechts Philosophie mag zwar allgemein sein, aber sie ist gut zugänglich und – warum sollte es das nicht sein? – unterhaltsam. Wir erfuhren, dass sich Precht die Frage „Wer bin ich“ nicht gestellt hat, dass er keine „eindeutigen Antworten“ sucht, und dass sich Philosophen wie Hume über unsere heutige Gesellschaft wundern würden, weil wir enorm viele Freiheiten haben, diese aber nicht wertschätzen können wegen all dem Burn-out.

Zurück zu den Robotern, hatte Pachl-Eberhart einen entscheidenden Gedanken: Roboter können uns Tätigkeiten abnehmen, damit wir Menschen wieder Menschen sein können. Was Maschinen nicht können, oder uns nicht abnehmen werden, sind Seelenangelegenheiten wie Glück und Trauer, und das ist ja wohl gut so. Pachl-Eberhart hat vor zehn Jahren bei einem Unfall ihre gesamte Familie verloren, ihre berührenden Ausführungen ließen jeden Gedanken an Technologie sofort wieder vergessen. 

Fazit: Eine sympathische Runde, interessante Themen, streckenweise vielleicht zu ausgefranst. Übrigens: Zotter hat eine neue Idee für eine Schoko-Kreation, sie heißt „Knochenpest“ und soll eine Hommage an die Menschen sein, die in Madagaskar bei der Vanille-Ernte umkommen.

Die Sendung ist ab sofort sieben Tage in der ORF TVthek abrufbar.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.