Klaas Heufer-Umlauf scheitert überraschend plump an seiner Solo-Spät-Show auf ProSieben. Den besten Gag liefert ZDF-Moderator Jan Böhmermann: Als Störer im Werbeblock.
Wozu braucht es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Zumindest in Deutschland lässt sich die Frage seit Montagabend auch so beantworten: Um das Spätabendprogramm der Privatsender zu retten. Klaas Heufer-Umlauf hat mit "Late Night Berlin" seine erste eigene ProSieben-Sendung ohne Partner Joachim "Joko" Winterscheidt bekommen. Doch die Premiere war mau: Der Moderator spulte in einem schicken, aber charakterlosen Studio (mit protzigem Pult, Ledersesseln für die Gäste und der obligaten Studioband, alles sehr dunkel, aber glänzend) müde Witze über das geplante Treffen zwischen Donald Trump und Kim Jong Un ("Ich nenne es Bad Hair Day") oder die erst nach 171 Tagen neu gebildete Regierung in Deutschland ab. Dass das für eine Stunde Spätfernsehen trotz zweier langer Werbeblöcke vielleicht zu wenig sein könnte, ahnte Heufer-Umlauf, als er scherzte: "Viele Leute wetten schon, was ist schneller weg: Meine Show oder die neue Freundin von Gerhard Schröder."
Danach folgten Anspielungen auf seine Talk-Vorgänger und wohl auch -Vorbilder wie Günther Jauch und Harald Schmidt, ein öder Dialog mit seinem Bandleader und zwei lange Einspieler namens "Das Laberinth der Macht". Darin spielten Menschen von der Straße die Koalitionsgespräche zwischen Angela Merkel, Martin Schulz, Andrea Nahles und Kevin Kühnert nach. Das hatte sogar Unterhaltenswert, dank der Spontanität, die die Normalbürger vor der Kamera zeigten - nicht wegen Heufer-Umlaufs Darstellung von Martin Schulz.
"We love to enter you"
Schon sehr früh in dieser Sendung drängte sich die Frage auf: Wo bleibt Anne Will? Die ARD-Talkerin war als Stargast angekündigt, durfte dann aber erst im letzten Drittel um 23:41 auf dem hellbraunen Leder-Fauteuil Platz nehmen, kurz erzählen, welchen Berufswunsch sie als Kind hatte ("Ich wollte Schreinerin werden." Für Österreich: Tischlerin) und ob ihre Achtung vor den Politikern gesunken oder gestiegen ist. Drei Mal dürfen Sie raten, was ihre Antwort war. "Gestiegen". Kurz gesagt: Es war nicht Anne Will, die die "Late Night Berlin" gerettet hat. Sondern jemand, mit dem an diesem Abend nicht zu rechnen war: Jan Böhmermann vom öffentlich-rechtlichen ZDF.
Schon kurz vor der Sendung hatte sich der derzeit omnipräsente Fernsehkomödiant auf Twitter und Periscope im Kreis seines Teams vor einem Fernseher in vorfreudiger Erwartung auf die Show des Konkurrenten gezeigt. In mehreren Tweets betonte er, sie würden jetzt dann "Werbung raten". Erst im zweiten Werbeblock und nur in Deutschland (in Österreich ist ja andere Werbung zu sehen) wurde klar, woher die Vorfreude kam: Böhmermann hatte sich als Störer eingeschleust.
Plötzlich saß er da in Anzug und Krawatte, als Testimonial für den Autovermieter Sixt und sprach wie gewohnt mit ernster Miene, aber in sanftem Ton in die Kamera: "Warum ich niemals eine Late-Night-Show" im Privatfernsehen moderieren würde? Schon alleine wegen dieser nervigen Werbeunterberechungen. Als Moderator hast Du natürlich absolut keinen Einfluss darauf, was da für Werbespots laufen, wer darin auftritt und wofür geworben wird." Zwischendurch legte er Zeige- und Mittelfinger in typischer ZDF-Werbemanier über sein rechtes Auge und sprach weiter: "Aber, wenn Klaas das will, von mir aus. Ich würde mich niemals so verkaufen. Denn glaubwürdige Satire funktioniert nur ohne Werbung." Die Aktion betitelte er mit "We love to enter you!" - ein Slogan in Abwandlung des ProSieben-Werbespruchs.
Ob Klaas Heufer-Umlauf über das kleine Foul im Werbeblock gelacht hat (oder sogar davon wusste?), ist bisher nicht bekannt. Dankbar kann er Jan Böhmermann durchaus sein. Er hat ihm seine Late-Night-Premiere wahrlich gerettet: Heute reden alle über diesen einen Gag, kaum jemand über die schwache Sendung.
Die Sendung ist hier in der Mediathek 7TV von ProSieben abrufbar.