Axel-Springer-Chef kritisiert "unheilige Nähe" von Journalisten zu Politik

APA/ROLAND SCHLAGER
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Mathias Döpfner missfallen Leitartikel in Form von Politikberatung, er verteidigt aber die "Bild"-Zeitung. Der Boulevardjournalismus sei zwar der Wahrheit verpflichtet, müsse aber "emotionalisieren, zuspitzen, personalisieren".

Mathias Döpfner ist Vorstand des deutschen Axel-Springer-Verlags, der unter anderem die Zeitungen „Bild“ und „Welt“ herausgibt - und er hat keinen schlechten Draht zum österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz. Erst im Jänner lud er ihn gemeinsam mit 40 Entscheidungsträgern zum „Schnitzel-Gipfel“ ins Dachgeschoss des Springer-Hochhauses in Berlin. Zu Gast waren damals laut Medienberichten auch die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, CDU-Finanzstaatssekretär Jens Spahn und die Chefredakteure von „Stern“ und „Focus“. Der ehemalige "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann und der neue, Julian Reichelt machen kein Hehl daraus, dass sie mit Kurz können. "Bild"-Reporter Paul Ronzheimer verfasste im Winter eine von Kurz autorisierte Biografie, Diekmann und Reichelt reisten eigens zur Buchpräsentation, genauso wie zum Kanzlerfest. Springer-Chef Döpfner wiederum war Gast beim Wiener Opernball. Die Herren suchen die Nähe von Kurz. Insofern ist interessant, dass Döpfner, der auch Präsident der deutschen Verleger ist, nun lautstark seine Branche und dabei vor allem die "unheilige Nähe“ zwischen Journalisten und Politik kritisiert.

Im Interview mit der deutschen Branchenzeitschrift "Meedia" sagte Döpfner, ihm missfallen Leitartikel in Form von Politikberatung. "Die Menschen wollen das einfach nicht mehr lesen. Wir als Journalisten und Arbeitgeber von Journalisten müssen neu denken. Wenn wir das nicht selbst hinbekommen, werden es andere tun. Es gibt da draußen eine ganz neue Journalistengeneration. Und hungrige Digital-Native-Verlage", so Döpfner.

Auch der Politikstil muss seiner Meinung nach überdacht werden. "Das hat zu tun mit einer übertriebenen political correctness, die sich auch in einer entleerten Sprache zeigt. Und Journalisten tragen dazu bei", sagte Döpfner. "Nicht nur, weil sie diese Worthülsen selbst transportieren, sondern sofort die Keule rausholen, wenn jemand saftig formuliert und zuspitzt, um verstanden zu werden." Es sei falsch, "reflexhaft" direkt AfD- oder Linke-Vergleiche zu ziehen.

Chef verteidigt die "Bild"

Mit Blick auf die deutsche "Bild"-Zeitung sagte der 55-Jährige, eine Boulevardzeitung müsse der Wahrheit verpflichtet und ganz besonders sorgfältig in der Recherche sein, weil Fehler gleich in großen Buchstaben publiziert und ebenso hart bestraft würden. "In der Stilistik und in der Form muss Boulevardjournalismus aber emotionalisieren, zuspitzen, personalisieren. Er muss mehr dürfen als eine traditionelle Abo-Zeitung, die in ihrer Sachlichkeit brillieren muss", so Döpfner.

Die "Bild"-Zeitung gehöre zur Vielfalt in diesem Land, sagte der Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). "Deshalb finde ich es gut, dass "Bild" in jüngster Zeit noch kantiger, mutiger, entschiedener geworden ist. Wir merken übrigens in der Marktforschung wie auch in quantitativer Hinsicht, dass das auch die Leser honorieren."

(red./Ag. )

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