ORF-"Sommergespräch": Die neue „Rampensau“ der Neos am runden Tisch

Deutlich weniger angriffig war das zweite "Sommergespräch" von Hans Bürger und Nadja Bernhard mit Beate Meinl-Reisinger von den Neos.
Deutlich weniger angriffig war das zweite "Sommergespräch" von Hans Bürger und Nadja Bernhard mit Beate Meinl-Reisinger von den Neos. Herbert Pfarrhofer
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In ihrem ersten ORF-„Sommergespräch“ schloss Neos-Chefin Meinl-Reisinger eine Koalition mit der FPÖ aus, gab sich insgesamt entspannt, aber nicht sehr konkret.

Runde zwei der „Sommergespräche" und das Setting war leicht verändert. Vielleicht war das auch eine Reaktion auf die zum Teil harsche Kritik an der ersten Ausgabe mit Peter Pilz. Diesmal nahmen die Moderatoren Nadja Bernhard und Hans Bürger mit Neos-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger an einem runden Tisch, aber wieder in den Wachauer Weinbergen mit Blick auf Schloss Dürnstein Platz. So saßen die Frager links und rechts in gleicher Distanz zur Befragten, was stimmiger wirkte als bei der Premiere. Die Frage nach dem Getränk (Wein oder Wasser?) wurde gestrichen (weil welcher Politiker trinkt live Alkohol?), die langwierige Begrüßung des Karikaturisten Markus Szyszkowitz auch gleich eingespart und dafür schneller in die erste Fragerunde gestartet.

Somit gingen sich deutlich mehr Themen aus als bei Pilz vor einer Woche. Allerdings musste auch nicht das erste Drittel über Parteistreitigkeiten und die Einstellung von strafrechtlichen Verfahren debattiert werden. Überhaupt wirkten Bernhard und Bürger deutlich weniger angriffig. Sie unterbrachen ihren Gast weniger und ließen die knapp 50 Minuten Gespräch weniger wie ein Verhör wirken. Was Pilz nachträglich noch einmal mehr in Rage bringen könnte.

Gleich zu Beginn machte Meinl-Reisinger klar, dass die Neos – sowohl in Wien wie im Bund – keine Koalition mit der FPÖ eingehen würden. Was nicht heiße, dass es nicht in einzelnen Sachfragen eine Zusammenarbeit geben könne, so wie schon bisher im Parlament, etwa bei der Abstimmung zum Kopftuchverbot an Schulen für Mädchen unter 14. Dass ihr Nachfolger in Wien, Christoph Wiederkehr, kürzlich in der "Presse" eine Koalition mit der SPÖ ausgeschlossen hatte, erklärte Meinl-Reisinger damit, dass die Neos gegen die in der Stadt jahrzehntelang praktizierte „Freunderlwirtschaft und Korruption“ auftreten würden.

Meinl-Reisinger kam gut gelaunt und ziemlich gelassen in ihre ersten ORF-„Sommergespräche“. Sie ließ sich auch nicht durch die eingespielten O-Töne von Bürgern aus der Ruhe bringen, die mehrheitlich sagten: "Ich habe leider noch nie von ihr gehört." Am Revers trug sie einen blauen Button mit Smiley, auf den in der Sendung nicht näher eingegangen wurde. Auf Twitter war zu erfahren, dass das lachende Gesicht ein Zeichen für Europa-Freundlichkeit und das Symbol für den neuen Neos-Slogan "Haltung statt Spaltung" sei.

Ob sie sich als „Rampensau“ fühle, so wie manche ihrer Parteikollegen sie bezeichnen würden, fragte Hans Bürger: „Ich kann durchaus unterhalten von der Bühne aus und das macht mir auch Spaß.“ Die Frage, ob sie als Frau in der Politik anders behandelt werde als Männer, wollte sie hingegen „gar nicht groß thematisieren. "Es ist wie es ist. Damit muss man leben und arbeiten.“ Verweise auf ihren Vorgänger Matthias Strolz kamen diesmal deutlich weniger als noch vor zwei Monaten im ersten „ZiB 2“-Gespräch kurz nach ihrer Übernahme des Parteivorsitzes. Als doch sein Name fiel, erinnerte sie daran, bei der Parteigründung 2012 ebenso dabei gewesen zu sein wie er. Und wie hält sie es mit dem Bäume umarmen? „Finde ich schön. Im Privaten.“ Diplomatische Antwort.

Putin-Kniefall „problematisch“

Deutlicher wurde sie woanders: Die Neos seien aktuell „die mittigste Partei“, die Regierung erlebe sie als „rechts und national-konservativ“. Die Einladung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl halte sie für einen „ganz schweren außenpolitischen Fehler“, der Kniefall vor dem russischen Präsidenten sei „problematisch“. Viel Neues verriet sie nicht, auch nicht, wen die Neos als Kandidaten in die Europawahl schicken werden. Richtig konkret wurde sie nur bei den Sommerferien, die sie auf sechs Wochen kürzen will. Weil sie ständig höre, wie schwer und teuer diese Zeit für viele Familien sei. Es wäre Zeit gewesen für noch kräftigere Ansagen.

ORF-„Sommergespräche“: Christian Kern (SPÖ), Montag, 27. August, Heinz-Christian Strache (FPÖ), 3. September, Sebastian Kurz, 10. September, jeweils 21.05h, ORF 2.

Die "Sommergespräche" kann man eine Woche in der ORF-TVthek nachschauen.

TV-Notizen

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