Jetzt macht Facebook auch noch Fernsehen

Leigh (Elizabeth Olsen) versucht, mithilfe ihrer Familie den Tod ihres Mannes zu bewältigen.
Leigh (Elizabeth Olsen) versucht, mithilfe ihrer Familie den Tod ihres Mannes zu bewältigen.(c) Facebook Watch
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In „Sorry for your loss“ trauert Elizabeth Olsen glaubhaft um ihren Ehemann. Mit Serien wie dieser will uns Facebook noch länger in seinem Netzwerk halten.

Es ist sehr geschickt, wie Facebook seit gut einem Jahr zwar noch recht leise und kaum bemerkt, aber sehr gezielt ein neues Geschäftsfeld erobert: das Fernsehen. Seit August 2017 hat Mark Zuckerbergs Social-Media-Riese auch einen Streamingdienst namens Facebook Watch. Wobei „Dienst“ noch ein großes Wort dafür ist, denn die Filme und Shows werden auf der Facebook-Oberfläche und nicht auf einem eigenen Kanal gezeigt. Das erspart das Einloggen in einen neuen Dienst, den Abschluss eines kostenpflichtigen Abos sowieso. Im Gegenzug hält Facebook seine Kunden durch stundenlange Videoinhalte aber noch länger in seinem Netzwerk, was die Nutzungszeiten steigert und Werbekunden anlockt. Umsonst ist also auch diese Unterhaltung nicht, zumal während der Filme alle 15 Minuten eine Werbeclip abläuft (der stoppt, wenn man nicht zusieht).

Noch verzichtet Facebook auf die Vermarktung seiner ersten selbst produzierten Inhalte. Oder haben sie schon von der neuen, erst fünften Dramaserie aus den Facebook-Studios namens „Sorry for your loss“ gehört? Die erste Folge der zehnteiligen Serie wurde in einem Monat 3,6 Millionen Mal angesehen, bei 2,3 Milliarden aktiven Facebook-Nutzern weltweit lässt sich da noch kein großer Run ausmachen.

Dabei kann die Serie mehr als mithalten mit aktueller Drama-Ware anderer Streaminganbieter und das trotz aller Ressentiments gegen Facebook. Elizabeth Olsen, die jüngere und begabtere Schwester der Olsen-Zwillinge (richtig, berühmt geworden durch „Full House“), spielt die vom Leben gebeutelte junge Frau Leigh, deren Ehemann, Matt (in Rückblenden auch viel zu sehen: Mamoudou Athie), plötzlich und unerwartet stirbt. Fazit: keine Kinder, viel zu kurz Zeit, um sich wirklich aufeinander einzulassen. Leigh stürzt tief und erlebt nach dem ersten Schock alle erdenklichen Stufen der Trauer: Wut, Einsamkeit, Überforderung. Zu ihrem Umfeld ist sie dabei alles andere als nett. Ihrer Schwester Jules (Kelly Marie Tran) wirft sie vor, immer nur an sich zu denken, ihrer Mutter Amy sagt sie beim Ausräumen des ehelichen Hauses direkt ins Gesicht: „Nein, Mum, das hier ist nicht dasselbe wie damals, als Papa dich verlassen hat. Papa übersiedelte in eine andere Straße, Matt in einen Sarg.“

In die Trauergruppe, die sie besucht, kommt schließlich auch Matts Bruder Danny (Jovan Adepo). Die beiden sind schonungslos zueinander, streiten etwa, wem es gerade schlechter gehe. Danny ist der Meinung, für ihn sei Matts Tod schlimmer: „Du kannst einen neuen Mann finden, ich kann nicht einfach einen neuen Bruder suchen.“ Nach und nach findet Leigh Facetten und Geheimnisse ihres Mannes heraus, die ihr unbekannt waren. In die Trauer mischen sich noch mehr Wut und Unverständnis. Insgesamt ist das anspruchsvoller, berührender Serienstoff mit guten Schauspielern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2018)

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