Politisch Rechte haben weniger Vertrauen in den ORF als Linke

Auch die Themensetzung wurde abgefragt. Auffällig: Die Themen Flüchtlinge und Asyl sind für viele zu stark vertreten.
Auch die Themensetzung wurde abgefragt. Auffällig: Die Themen Flüchtlinge und Asyl sind für viele zu stark vertreten.(c) ORF (Thomas Ramstorfer)
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Eine Umfrage zu den Info-Sendungen des ORF sorgt für Diskussionsstoff, denn dabei wurde auch die politische Einstellung abgefragt.

Wie ist es um das Vertrauen der Zuseher in die Informationssendungen der ORF bestellt? Eine aktuelle Publikumsumfrage zeichnet dies ab. Dass dabei nicht nur die generellen Vertrauenswerte abgefragt wurden, sondern auch die Einstellung dazu je nach politischer Positionierung, sorgte in Zeiten, in denen die ÖVP-FPÖ-Regierung an einem neuen ORF-Gesetz bastelt, für Gesprächsstoff. Am Donnerstag wurden die Ergebnisse im ORF-Publikumsrat präsentiert.

Wenig überraschend erwartet das Publikum, dass Nachrichten aktuell, objektiv und sachlich sind und auch Missstände aufdecken. Die ORF-Angebote, so ein Ergebnis, genießen das höchste Vertrauen unter den Informationsanbietern - mehr als Privatfernsehen, Privatradios und österreichische Zeitschriften und Zeitungen. Das Bild ist aber durchwachsen, denn das Vertrauen in ORF-Medien hängt von der politischen Einstellung ab. 

Zu viele Beiträge zum Thema Flüchtlinge und Asyl 

Auch die Themensetzung des ORF wurde abgefragt. Auffällig dabei: Die Themen Flüchtlinge und Asyl sind für 44 Prozent der Umfrageteilnehmer zu stark vertreten, gefolgt von Migration und Integration. Mehr Berichterstattung wünschen sich die Zuschauer über Armut/Soziales, Technologie/Innovation oder Wissenschaft und Forschung. ORF-Journalisten sollten auf Social Media keine "persönliche Meinung zu Themen der österreichischen Politik äußern", diese Aussagen unterstrichen 53 Prozent. Nur 31 Prozent sind dafür. Vor wenigen Tagen  erließ ORF-Chef Alexander Wrabetz noch eine Dienstanweisung zu Social Media. 

Was die Erfüllung dieser Anforderungen durch den ORF betrifft, fanden 57 Prozent der Befragten jedenfalls, dass im ORF "verschiedene politische Parteien zu Wort" kommen (Summe der Antworten "trifft sehr zu" oder "trifft zu"), 53 Prozent, dass die Berichterstattung "objektiv und sachlich" ist und 48 Prozent, dass "zuverlässige Quellen verwendet und alle Fakten überprüft" werden.

Rechte Zuseher vertrauen dem ORF weniger als Linke

Der Detailblick auf die Antworten je nach politischer Einstellung ergab, dass rechts Orientierte (zehn Prozent der Befragten deklarierten sich als solche) den ORF-Informationsangeboten weniger vertrauten als Vertreter des Mittespektrums oder dezidiert Linke. Wobei dies nicht alle ORF-Sender in gleichem Maße betraf, die Radios etwa schnitten durchaus gut ab.

Am Beispiel ORF-Fernsehen sieht das so aus: Der Mittelwert des Vertrauens (auf einer Skala von 1-5) in das ORF-Fernsehen liegt bei Personen, die sich als „links“ bezeichnen, bei 1,7. Bei jenen, die sich als „Mitte links“ einschätzen, liegt der Wert bei 2,0, bei der „Mitte“ nur mehr bei 2,3, bei „Mitte rechts“ bei 2,5 und bei „rechts“ bei 2,8 - so informierte der bürgerliche Publikumsrat Andreas Kratschmar, der dem Gremium die Studie präsentierte.

Kratschmer sah "Handlungsbedarf" bzw. "weiteren Analyse- und Forschungsbedarf" zu dieser "Vertrauenskluft". "Das sind Unterschiede, die es bei anderen Medien nicht gibt." SORA habe mehrere Hypothesen angeboten, etwa den generell polarisierten öffentlichen Diskurs über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die grundsätzlichen Einstellungen zu öffentlichen Institutionen. "Es liegt auch die These nahe, dass links Verortete sich im ORF besser wiederfinden", meinte Kratschmar.

Die Umfrage

Das SORA-Institut befragte im Oktober und November 2018 rund 1000 Personen. Als zentrale Ergebnisse fasst die Studie zusammen: Die ORF-Angebote genießen das höchste Vertrauen unter den heimischen Informationsanbietern. 

Er monierte zudem, dass nicht alle Befragten ihre Erwartungen an die ORF-Information erfüllt sähen, was etwa Objektivität oder Themenwahl angehe. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution wurde die ORF-Geschäftsführung aufgefordert, auf den "Handlungsbedarf" mit "geeigneten Maßnahmen" zu reagieren und dem Publikumsrat in Hinkunft darüber zu berichten.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sah in der Studie illustriert: "Insgesamt ist der Ort des ORF in der Mitte." Dies sei durchaus ein "schwieriger" Platz, "weil man dann von beiden Seiten in Frage gestellt werden kann". Er entnahm den Ergebnissen auch, dass "wir im Bereich der formal weniger gebildeten Milieus mittleren Alters ein Thema haben".

Wrabetz: "Sehr professionelle" Akteure reden ORF madig

Das geringere Vertrauen von rechts Orientierten ist seiner Ansicht nach auch "das Ergebnis eines sehr professionellen Framings". Gerade diese Zielgruppe sei verstärkt auf den Sozialen Medien unterwegs und werde dort von zahlreichen "sehr professionellen" Akteuren mit Inhalten konfrontiert, die "täglich nichts anderes zu tun haben, als den ORF madig zu machen".

"Interessant" fand Wrabetz auch, dass beim Thema Asyl sowohl Linke als auch Rechte einen zu starken Fokus konstatierten. Für den ORF gelte: "Auch, wenn einem das Publikum nicht zu 100 Prozent recht gibt, muss es unsere Aufgabe sein, sich der Wahrheit anzunähern und nicht darauf zu schielen, gefällt es den Linkeren oder den Rechteren besser."

Bschwerde wegen "Kniefalls vor der FPÖ"

Publikumsrat und ÖGB-Vertreter Willi Mernyi beschwerte sich in Sachen links/rechts noch über eine ORF-Dokumentation im Rahmen der Serie "Baumeister der Republik" über Franz Dinghofer als "Verkünder" der Ersten Republik. Dass die Produktion nicht erwähnt habe, dass der Obmann der Großdeutschen Volkspartei NSDAP-Mitglied war, erzürnte Mernyi. Sei dies ein "Kniefall vor der FPÖ" gewesen, fragte er.

Dazu Wrabetz: Man habe in der "Baumeister"-Reihe insgesamt 49 Persönlichkeiten porträtiert, "im Wesentlichen" aus dem sozialdemokratischen oder christlich-sozialen Lager. Da sei es "legitim", sich auch der Geschichte eines Vertreters des Dritten Lagers anzunehmen, das sei nicht "irgendeiner politischen Ausrichtung geschuldet". In der Dokumentation seien außerdem "kritische Fragen" wie Antisemitismus angesprochen und "nichts bewusst ausgeblendet" worden.

(APA/red.)

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