Rückblick: Politiker waren bei den ORF-„Sommergesprächen“ eher zahm

Dieses Jahr führt Tobias Pötzelsberger die ORF-„Sommergespräche“.
Dieses Jahr führt Tobias Pötzelsberger die ORF-„Sommergespräche“.(c) ORF (Thomas Ramstorfer)
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In den vergangenen 35 Jahren haben sich Politiker bei dem Interviewformat sehr konstruktiv verhalten, besagt eine Studie.

Wien. Am Montag starteten die diesjährigen „Sommergespräche“, ein Format, dem der ORF seit 1981 treu geblieben ist. Dieses Jahr wird erstmals Tobias Pötzelsberger die Gespräche mit den Parteichefs führen – und zwar allein. Ein Novum, in den vergangenen Jahren nahmen meistens zwei Moderatoren ihre Gesprächspartner in die Mangel.

Sonst hat sich an der Grundidee der „Sommergespräche“ allerdings nicht viel verändert. Deshalb könne man dieses Format auch so gut wissenschaftlich untersuchen, sagt Andreas Riedl, Kommunikationswissenschaftler am Institut für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Er wurde von der Stadt Wien beauftragt, die 125 „Sommergespräche“, die von 1981 bis 2016 stattgefunden haben, zu analysieren. Riedl hat deshalb 19.000 Statements von Politikern und Journalisten im Kontext untersucht und kam zu Ergebnissen, die so manchen Zuseher überraschen werden: Über all die Jahre seien die Interviews in den Gesprächen außerordentlich konstruktiv verlaufen. Message Control, thematische Ausweichmanöver und aggressive Konfrontationen seien bei dem langen Interviewformat kaum angewandt worden. „Das heißt natürlich nicht, dass es nicht die eine oder andere Sendung gegeben hat, in der es anders war“, sagt der Wissenschaftler zur „Presse“.

Wie wichtig ist der Journalist?

Fragt sich nur, was Riedl unter konstruktiv versteht? „Dass die Politiker im Schnitt in drei von vier Fällen auf die Fragen oder Aussagen der Journalisten thematisch passend replizierten. Also nicht ablenkten oder versuchten, ihre eigenen Themen zu pushen. In Deutschland ist das durchaus anders“, sagt der Kommunikationswissenschaftler.

Interessant ist auch, mit welchen Strategien Politiker bei den „Sommergesprächen“ am erfolgreichsten fahren. Weder offensiv noch defensiv zu sein bewährt sich demnach. Vielmehr ist es am sinnvollsten, auf möglichst neutrale Art und Weise die Themen aufs Tapet zu bringen. „Konfrontation und Aggression führen hingegen weniger zum gewünschten Erfolg“, heißt es in der ÖAW-Studie. Unterm Strich sind es aber immer noch die Journalisten, die bestimmen, worüber gesprochen wird: „Zwei Drittel der erfolgreich lancierten Themen wurden von Journalisten gesetzt und nur ein Drittel von den Politikern, sagt Riedl. Ob all das Gesagte auch für die „Sommergespräche 2018“ gegolten habe, kann Riedl nicht beantworten: „Das einzuschätzen ist schwierig“, sagt er. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2019)

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