Martin Knobbe, Leiter des „Spiegel"-Hauptstadtbüros, hat die Auswirkungen des Ibiza-Videos in dem Maße nicht erwartet. Der Fall Claas Relotius werde die Zeitschrift noch lange beschäftigen.
Die Presse: Die Veröffentlichung des Ibiza-Videos von „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“ war im Mai und zieht noch heute weite Kreise. Haben Sie diese Auswirkungen erwartet?
Martin Knobbe: Ganz ehrlich gesagt: Nein. Wir waren darauf nicht vorbereitet, aber ich kann auch nicht sagen, was wir eigentlich erwartet haben. Ich dachte schon an einen großen Effekt, aber nicht daran, dass nach einem Tag Heinz-Christian Strache zurücktritt und dann die Koalition aufgelöst wird. Die Geschichte war deswegen besonders, weil wir noch nie mit dieser Art Video zu tun hatten. Es ist nicht das übliche Material, normalerweise sind es geleakte Informationen oder Protokolle, aber hier wurde ja eine Falle gestellt. Wir haben lange mit den Kollegen von der Süddeutschen Zeitung diskutiert, wie man damit umgeht.
Es hatte einen Grund, warum das Video über die deutschen Medien gespielt wurde – das haben Sie gleich gemerkt?
So, wie wir das wahrgenommen haben, gab es tatsächlich kein Vertrauen in die österreichischen Medien. Wir fanden das schon erstaunlich. Die Befürchtung war, dass die Geschichte schnell von der Politik abgewürgt wird. Wir wiederum haben gesagt, es ist komisch, wenn wir als zwei große deutsche Medienhäuser in die österreichische Innenpolitik eingreifen. So haben wir bewusst den „Falter“ dazugenommen.