Media Quarter: Neues rotes Medienreich zu (St.) Marx

Media Quarter Neues rotes
Media Quarter Neues rotes(c) Clemens Fabry
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In Erdberg entsteht ein SP-naher Medienkomplex. Auch der Echoverlag kommt. Für das Projekt wurden 6,4 Mio. Euro vom Gemeinderat mit SP-Mehrheit genehmigt. Was mit dem Geld passiert, steht noch nicht fest.

WIEN. Vielleicht ist alles nur eine Unterstellung und die Wiener Stadtregierung, respektive Vizebürgermeisterin Renate Brauner, hat nur die besten Absichten. Dennoch sorgt der Plan der Errichtung einer eigenen Medienakademie der Wien Holding für Aufregung – nicht nur in Medienkreisen. Dass die SPÖ seit Jahren ihren mangelnden Einfluss auf die Printmedien beklagt, ist trotz kräftiger Inseratenvergabe an ausgesuchte Medien evident.

6,4 Mio. Euro genehmigte der Gemeinderat mit SP-Mehrheit dem stadteigenen Konzern zwecks Aufbaus eines großen Mediencampus am Areal St.Marx. Was mit dem Geld genau passiert, steht offenbar noch nicht fest. Drei Einrichtungen sollen für und in dem „Media Quarter“ entstehen: ein Fachhochschullehrgang für Film-, TV- und Medien, ein Masterstudiengang für internationales Medien- und Innovationsmanagement und die Publizistikakademie.

Die interne der „Presse“ vorliegende Kostenaufstellung sieht die Mittel auf vier Jahre wie folgt eingesetzt: Aufbau und Betrieb der Trägerstruktur: 1,2 Mio. Euro, unter dem vagen Titel „Anschub-Kofinanzierung Ausbildung bis 2014“ werden 1,73 Mio. veranschlagt, für Stipendien sind immerhin 800.000 Euro vorgesehen und für die begleitende Beratung sollen 670.000 Euro fließen. Die hat das Wiener Medienhaus von Andy Kaltenbrunner übernommen. Der Ex-Journalist war bei der Gründung des Fachhochschullehrgangs Journalismus dabei. Bei den Kosten sind noch zwei Millionen allgemein für eine „Content-Strategie“ vorgesehen, also offenbar für die inhaltliche Ausrichtung und Studienerarbeitung – wieder mit „begleitender Beratung“.

Einen Geschäftsführer hat das neue Medienunternehmen auch schon: Per Ausschreibung wurde er Anfang Juni gesucht, als einer der notwendigen Eigenschaften waren in dem Inserat der Wien Holding auch „gute Kenntnisse der Verwaltungsstrukturen der Stadt Wien und ihrer Unternehmen“ verlangt. Walter Kochwalter machte „das Rennen“ , er war früher Pressesprecher von Siemens gewesen.

Echoverlag zieht um, ORF zögert

Über den neuen Film-, TV- und Medienlehrgang soll übrigens ein lokales TV-Format produziert werden, das „über alle wesentlichen Themen des Tages in Wirtschaft, Kultur, Sport unter besonderer Berücksichtigung von Projekten und Tätigkeiten des Wien-Holding-Konzerns informiert“, wie aus der Wien Holding verlautbart wurde. Diese Ausbildungsschiene hat aber eine weitere Aufgabe: Bei einer Übersiedlung des ORF-Hauptquartiers vom Küniglberg nach St.Marx könnte ein großer Teil der Ausbildung des Nachwuchses beim öffentlich-rechtlichen Sender zu den neuen Nachbarn ausgelagert werden – örtlich, technisch, vielleicht auch inhaltlich.

Doch hier stockt es: Denn ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz lässt sich mit einer Standortentscheidung Zeit. Ursprünglich sollte diese vor der Wien-Wahl bekannt gegeben werden, nun will sich Wrabetz nicht mal festlegen, ob diese noch in seiner laufenden Amtszeit (bis Ende 2011) fällt. Das ORF-Zögern hat Einfluss auf die Verhandlungsbasis mit anderen Medienunternehmen mit Marx-Interesse. Zumindest indirekt. Denn, so heißt es in der Branche: Kommt der ORF, wird der Standort attraktiver, dafür steigen die Mietpreise.

Derzeit werden unter anderem Gespräche mit den RosenhügelStudios geführt, deren Vertrag 2014 abläuft, und mit dem Privatsender ATV, der eventuell ins MQM-3-Gebäude einziehen könnte, das im September 2011 fertig wird. ATV hat es aber nicht eilig: „Wir lassen uns jetzt mal über die Planungsfortschritte informieren, wir haben keinen Zeitdruck“, so Geschäftsführer Ludwig Bauer.

Fix dürfte dafür ein weiterer Baustein im roten Marxer Medienreich sein: Der stadtnahe Echoverlag will nach St. Marx übersiedeln, wie ein Pressesprecher der „Presse“ bestätigte. Einen fixen Termin gebe es noch nicht, wahrscheinlich aber innerhalb der nächsten zwei Jahre.
Kommentar, Seite 31

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2010)

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