Darf Politik zur Unterhaltung verkommen? Wenn, dann so. Die ORF- „Wahlfahrt“, das Beste seit Langem.
Der Schnitt, die Musik (von Iggy Pop über Attwenger bis Udo Jürgens), die Landschaft, das Auto, der Dackel. Und nicht zuletzt die Hauptdarsteller. Frank Stronach singt Elvis Presley, Hanno Settele stimmt mit ein, auf dem Rücksitz fügt sich auch Kathrin Nachbaur lächelnd in das Unvermeidliche. Es hat was von „Kottan". Es könnte peinlich sein. Ist es aber nicht. Wie auch „Kottan" nicht peinlich war. So entspannt, locker und sympathisch war Fernsehen, politisches Fernsehen, selten.
Darf Politik zur Unterhaltung verkommen? Wenn, dann so. Und wenn sich beispielsweise Josef Bucher nachgerade rührend daran erinnert, dass er mit seinen Eltern nie auf Urlaub war, dann erzählt das auch viel über ihn und seine politische Motivation, den Interessensvertreter der sich selbst ausbeutenden Kleingewerbetreibenden zu geben.
Für Hanno Settele, den Chauffeur, der schon als USA-Korrespondent gern emotional mit dem Geschehen mitlebte, ist das Format wie geschaffen. Und in der ersten Folge seiner „Wahlfahrt" im schwarzen Mercedes hatte er mit Frank Stronach und Josef Bucher zwei kongeniale Partner zur Seite, die sich auf dieses flotte Wechselspiel von Privatem und Politischem auch einließen.
Ja, Frank Stronachs Todesstrafenforderung war jenseitig, aber er spricht für seine geistesgegenwärtige Assistentin, dass sie noch von der Rückbank aus versuchte, ihm das auszureden. Und der Zuseher - wann erlebt man das schon? - war mit dabei. Da war nichts gespielt, das war ziemlich authentisch.
Wie - und das ist möglicherweise auch das Geheimnis - die ganze Sendung und deren Teilnehmer ziemlich authentisch waren. Der ORF-Mann, der hier anscheinend seine Leidenschaften für Politik und Autos miteinander kombinieren kann. Der BZÖ-Chef, der, einem kleinen Buben gleich, auch einmal an das Steuer durfte - und für die Kärntner Stammwählerschaft seinen neuen Trachtenanzug ausführen. Und Frank Stronach sowieso, der ohnehin redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Mit allen Vor- und Nachteilen.
Mit relativ einfachen Mitteln, einem alten Auto und einigen Kameras, ist dem ORF hier ein amüsantes TV-Projekt geglückt, das Kultpotenzial hat. Die „Wahlfahrt" ist ungekünstelt lustig. Im Gegensatz zu vielem, was hauptberufliche Kabarettisten auf ORF-Einladung so zu bieten haben.
E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com