"Tatort" in Münster: Säure aus der Spritzpistole

Tatort Der Hammer
Tatort Der Hammer(c) WDR/Martin Menke
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Der "Tatort" im Presse-Check: Thiel und Boerne, die Ermittler aus Münster, sind einem Comic-Bösewicht im Baumwoll-Cape auf der Spur.

Worum geht's?

Die Ermittler Thiel und Boerne sind im nächsten "Tatort" - am 13. April -  einem Comic-Mörder auf der Spur: In "Der Hammer" verätzt ein mit offenem Mantel, Plastik-Brustpanzer und Strickmütze über dem Gesicht seltsam unerschreckend aussehender "Superheld" seine Opfer mit Säure aus der Spritzpistole und schlägt ihnen daraufhin mit einem Hammer das Stirnbein ein. „Ich bin der Hammer", sagt er auf Anfrage eines Opfers. Mehr weiß man zunächst nicht über ihn. Über die Opfer, drei an der Zahl, schon mehr: Sie alle haben mit dem umstrittenen Bau der „Waikiki-Oase", einem vermutlich als Wellnessbad getarnten Bordell, zu tun. Die Anrainer des Baugrunds, die vorwiegend aus Mitgliedern einer Hippie-Kommune zu bestehen scheinen, steigen auf die Barrikaden. Doch wäre einer von ihnen zu einem Mord bereit?

Wer ermittelt?

Ein Ermittlerduo, wie es unterschiedlicher wohl nicht sein könnte. Kriminalhauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) sagt nicht „Bitte" oder „Danke", neigt zum Verliererdasein, ist aber umso stolzer und selbstsicherer, wenn ihm sein Gefühl einen Hinweis gibt. An seiner Seite ermittelt der überkorrekte und neunmalkluge Rechtsmediziner Professor Karl Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers). Unterschiedlicher könnte wohl auch ihre Ausdrucksweise nicht sein. Boerne zum Täterprofil: „Ein Vigilant, ein selbsterkärter Kämpfer für Gerechtigkeit" Thiel darauf: „Der Typ da in der Unterhose denkt, er sei Batman? Der ist ja bekloppt."

Wird's brutal?

Der Anblick zertrümmerter Gesichter ist nichts für sanfte Gemüter, für etwas Wahnwitz sorgen dabei die Zahlencodes auf den Stirnen der Opfer - der mysteriöse Serienkiller nummeriert sie nämlich, indem ihnen mit einem „Nummerierhammer" die Ziffern in die verätzte Haut einprägt. Ein Thema, das auch im Labor von Professor Boerne für explizite Szenen sorgt, schließlich muss er zwecks Feststellung der Tatwaffe Vergleichstests an Schweineköpfen vornehmen.

(c) WDR/Martin Menke

Was gefällt?

Der Fall hat alles, was ein klassischer Krimi braucht: ein dunkles Kellerabteil, in dem sich die Mordserie in Fotos, Notizen und Zeitungsausschnitten vor dem Täter aufbaut, eine furchtbar missglückte Lockvogel-Aktion, ein bisschen Schmiergeld und einen Kommissar, der den Fall auch nach seiner Suspendierung nicht aufgeben will. Herrlich liebenswert ist das ungleiche Ermittlerpaar, ihre Reize haben auch der Baumwoll-Superheld sowie der naiv-unheimliche Loser und Tatverdächtige Thomas Schuster (Milan Peschel, der bereits in einem grandiosen "Tatort" an der Seite von Mathias Schweighöfer brillierte).

Wo hakt's?

Der Fall hat alles, was ein klassischer Krimi braucht. Viel mehr auch nicht. Große Überraschungen bleiben aus - wer würde schon annehmen, dass die Hauptrolle nach ihrer Suspendierung locker lässt? Etwas überzeichnet ist auch der Nebenschauplatz der Handlung, die Bürgerbewegung, die sich mit Märschen und Pfeifen gegen den Bau der „Waikiki-Oase" wehrt. So richtig knallen die Slapstick- und Witzversuche nicht, etwa wenn Thiels Hippie-Vater sich an einem Joint verschluckt oder auf die Anfrage, den Ermittlern Namen von gewaltbereiten Demonstranten zu liefern, ganz entsetzt reagiert: „Ich soll meine Kumpels bespitzeln? Bist du jetzt bei der NSA oder was?"

Was bleibt offen?

Der "Tatort" endet mit einem dramatischen Showdown in luftiger Höhe. Und weil alles plötzlich so schnell geht, bleiben doch ein paar Fragen offen: Warum nummeriert der Täter seine Opfer auf diese Weise? Was macht die Zeitung in der Sakkotasche eines Opfers, davon abgesehen, dass sie den Ermittlern Fingerabdrücke liefert? Der Fall hangelt sich von Indiz zu Indiz. Bevor Hintergründe und Motive aber wirklich erklärt werden, ist der "Tatort" schon wieder vorbei.

Wer sollte es sich ansehen?

Wer das Ermittlerduo aus Münster liebt, wer auch Bösewichtenà la Fritz Phantom etwas Sympathie einräumen kann, alle Hobbydetektive mit Comic-Faible - die können die offenen Fragen womöglich selbst zu Ende denken.

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