„Tatort" in Luzern: Zornige Väter und spiritueller Wahn

Tatort
TatortORF
  • Drucken

"Tatort" im "Presse"-Check: In "Zwischen zwei Welten" stoßen Ritschard und Flückiger auf eine desolate Familie, Wut und Selbstjustiz. Heute, 20.15 Uhr, im ORF.

Worum geht's?

Eine dreifache Mutter liegt tot an den Gleisen der Bahn. Sie wurde aber nicht von einem Zug überrollt, sondern offenbar von der Mauer am Bahndamm gestoßen. Und so bekommt es das Ermittler-Duo Liz Ritschard und Reto Flückiger in "Zwischen zwei Welten" mit desolaten Familienverhältnissen, wütenden Teenagern und einer Organisation zu tun, die für die Rechte von geschiedenen Vätern kämpft und dabei auch nicht davor zurück schreckt, Frauen zu bedrohen und einzuschüchtern.

Wer ermittelt?

Stefan Gubser und Delia Mayer sind hier für die Kripo Luzern als Kommissar Reto Flückiger und Kommissarin Liz Ritschard im Einsatz. Er war früher Chef der Seepolizei und lebt in seinem kleinen Segelboot: Frei und ungebunden wie er ist, wird er bei diesem neuen Fall dann doch ein wenig nostalgisch, geht es doch um das schwierige Verhältnis der Waisen zu ihren Vätern - und Kommissar Flückiger hätte selbst einen Teenager als Kind, hätte er seine damalige Freundin nicht zur Abtreibung geraten. Seine Kollegin Ritschard ist ihm sehr ähnlich: Sie erlaubt sich beruflich keine Emotionalitäten, ist effizient und tough - auch wenn sie das Schicksal der Kinder nicht kalt lässt. Sie ist selbstbewusste und emanzipiert. Dass sie Frauen liebt und das auch öffentlich zeigt, macht sie im aktuellen „Tatort" zur Zielscheibe der Organisation, die sich „für Väterrechte und gegen feministische Dominanz" einsetzt.

Wird's brutal?

Kaum - sieht man von ein paar blauen Flecken auf der Toten ab. Es gibt nur die eine Leiche, die für einen „Tatort" ja wohl unerlässlich ist. Sonst ist dieser Luzerner Fall quasi das diametrale Gegenteil zu den Til-Schweiger-Ausgaben: gar nicht laut, eher nachdenklich-überlegt und die beiden Kommissare haben ganz offensichtlich keine Ambitionen im Action-Fach.

Was gefällt?

Das Ganze könnte sich tatsächlich so abspielen - die Story hat viel Bezug zur Realität: Da rasten Väter aus, weil sie nach der Trennung das Gefühl haben, dass die Frauen sich alle Rechte heraus nehmen (und sie auch bekommen), während sie als Väter vor allem eines tun müssen: Alimente zahlen. Manche nehmen daher das, was sie für Recht halten, selber in die Hand. Die dreifache Mutter ist mit den Kindern überfordert, lässt sie oft allein und sucht verzweifelt nach dem Weg zum Glück - sie meint es bei einem spirituellen Heiler gefunden zu haben. Und die Teenies rasten aus, weil die Eltern „immer nur an sich denken", nicht an das Wohl ihrer Kinder, die bei aller Coolness ja doch vor allem eines brauchen: Zuneigung.

Wo hakt's?

Dass der Heiler den Ermittlern entscheidende Tipps gibt, weil er angeblich mit der Toten kommuniziert, ist ziemlich weit hergeholt und passt gar nicht zu diesem Fall.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tatort: Kopper
TV-Kritik

"Tatort" Ludwigshafen: Abschied von Kommissar Kopper

Nach 21 Jahren und insgesamt 57 Fällen muss Kommissar Mario Kopper gehen. Wie er aber in seinen Abgang stolpert, ist enttäuschend.
Der wueste Gobi
TV-Kritik

"Tatort" Weimar: Strickhöschen und Buchstabensuppe

Wegen der kaputten Heizung gehen die Kommissare Lessing und Dorn in diesem "Tatort" auf Kuschelkurs. Wird aber nichts: "Der wüste Gobi", ein Psychopath und mutmaßlicher Frauenmörder, hält sie auf Trab.
Tatort
TV-Kritik

"Tatort" Hamburg: Falke und der "Westentaschen-Goebbels"

In diesem "Tatort" steht der Rechtspopulismus im Fadenkreuz. In "Dunkle Zeiten" gibt nicht nur Kommissar Thorsten Falke ein politisches Statement ab - kurz steht sogar Donald Trump im Fadenkreuz.
Tatort
TV-Kritik

"Tatort" Berlin: Hier stinkt's nach Tod und U-Bahn

Die Kommissare Rubin und Karow fahnden in der thematisch vollgestopften "Tatort"-Episode "Dein Name sei Harbinger" nach einem Serienmörder. Als Kulisse dient die Berliner U-Bahn. Spooky.
Tatort
TV-Kritik

"Tatort" Hamburg: „Öko-Nazis“ und Prügelkinder

In „Böser Boden“ ermitteln die „Tatort“-Kommissare Falke und Grosz im Fracking- und im Umweltschützer-Milieu. Hier weiß man nicht, wer davon furchterregender ist.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.