"Tatort": Leiser Tod und ein Kommissar in der Bredouille

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"Tatort" im "Presse"-Check: "Am Ende des Flurs" ist ein trauriger Fall mit überraschendem Ende samt Cliffhanger.

Worum geht's?

Lisa Brenner - jung, schön, einsam - liegt eines Morgens tot auf der Straße. Sie ist von ihrem Balkon im zwölften Stock gestürzt, mit einem Glas Champagner in der Hand. Ohne Schrei - und ohne ersichtlichen Grund. Der Neue unter den Ermittlern - Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) - hat gleich den richtigen Riecher: Er glaubt, Lisa (charmant, aber etwas undurchsichtig: Fanny Risberg) war Prostituierte. Das Indiz? Zu viele Schuhe in ihrem Schrank. Das wäre zwar noch kein Beweis, aber Kalli hat recht - die Polizei bald mehr Verdächtige als den Ermittlern lieb ist und noch einen Toten, der bestialisch zugerichtet wird.

Wer ermittelt?

Die Folge „Tatort: Am Ende des Flurs" spielt in München, wo die Pathologen ihren eigenen Schmäh haben. Die ankommende Leiche wird mit einem „des is wia beim Yoga: Frieden, Frieden, Frieden" begrüßt, bevor man sich dann ob der massiven Blessuren zu einem „jo meiomei" hinreißen lässt. Es könnte einem glatt gemütlich vorkommen, wäre man nicht im doch ein wenig schaurigen Leichenschauhaus. In München ermitteln Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec), Batic ist ein impulsiver Typ, er hasst Ausländerfeindlichkeit und kommt herablassenden Großmäulern wie dem Wiesenwirt (Franz Xaver Kroetz) schon mal mit Patriotismus: „Ich bin Hauptkommissar, Kroate und EU-Mitglied!" Leitmayr ist an sich der Überlegtere von beiden - im aktuellen Fall allerdings befangen, weil er das Opfer gekannt und geliebt hat. Nachdem er deswegen von den Ermittlungen ausgeschlossen wird, ermittelt Leitmayr auf eigene Faust, was ihm letztlich teuer zu stehen kommt (was passiert, sei hier vorab nicht verraten). Neben Kalli, einem schlauen Milchgesicht mit Retro-Tolle, kommt auch Christine Lerch (Lisa Wagner) neu ans Kommissariat. Als Leiterin der Operativen Fallanalyse hält sie sich im Hintergrund - und motiviert die Kollegen zu originellen (Gedanken-)Experimenten.

Was gefällt?

Obwohl der zweite Mord von Anfang an nach einem Fall für den Gerichtspsychiater klingt, wird das Publikum von schockierenden Bildern weitgehend verschont - wenn man einmal von einer massiven Blutspur absieht. Fast erfrischend wirkt vor der düsteren Kulisse von Prostitution und Gewalt der Auftritt des jungen Kalli, der von den älteren Kollegen freundlich und mitfühlend (er findet die zweite Leiche) aufgenommen wird. Auch versöhnlich: Lisa wird menschlich und verletzlich dargestellt - und sie wollte ihren zwielichtigen Job an den Nagel hängen, um ein seriöses Leben zu beginnen . . . mit Kommissar Leitmayr. Zum Schluss läuft dieser „Tatort" dann auch noch zu einem überraschenden Finale auf - samt Cliffhanger für die nächste München-Folge.

Wo hakt's?

Dass Kriminalkommissare quasi durchgehend zum Rudel der einsamen Wölfe gehören, ist derzeit offenbar ein Muss. Dass einer ausgerechnet mit einer Prostituierten etwas hatte, dass er nicht gleich sagt, dass er das Opfer kennt, und dass sein Kollege Ivo ihm daraufhin sofort das Vertrauen entzieht, obwohl sich die beiden schon so lange kennen - da spießt es sich.

Gibt es einen Ösi-Faktor?

Der Österreicher Gerhard Liebmann ist als Radtke Teil des Ermittler-Teams - und fragt auch einen Gesprächspartner bei den Ermittlungen, der das bemerkt, ganz schnippisch, ob er damit ein Problem hat? Mit dabei sind u. a. auch Andreas Lust (als weinerlicher Kunde der Ermordeten) und Alexander Jagsch, der die Rolle des Vorgesetzten in fast parodistischer Weise als einen in Richtung Prominenz buckelnden Beamten anlegt.

Der Tatort wurde am Sonntag, 4.5. im ORF gezeigt.

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