"Tatort" Konstanz: Ein mordsteurer Wein

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Was hat der Tod eines jungen Mannes mit den kostbaren Weinflaschen zu tun, in die zur Steuervermeidung gerne investiert wird? Ein schwerfälliger Fall vom scheidenden Bodensee-Team.

Unsere "Tatort"-Wertung:

2 von 5 Punkten

Worum geht es?

Einige Flaschen alte, kostbare Weine führen die Ermittler der deutschen und Schweizer Seite des Bodensees zusammen: Der Schweizer Kommissar Matteo Lüthi will Steuerhinterzieher überführen, die ihr Geld in Form von edlen (möglicherweise gefälschten) Tropfen in den Depots eines Zürcher Auktionshauses parken. Mangels konkreter Hinweise sind ihm aber die Hände gebunden. "Brauche ich erst eine Leiche, damit ich ermitteln darf?", fragt er den Staatsanwalt. Die Antwort: "Es wäre hilfreich."

Die Leiche lässt nicht lange auf sich warten: Am deutschen Ufer wird ein Mann aus dem See gezogen, im Rucksack des jungen Toten befinden sich Flaschen ebenjenes Weins, der im Auktionshaus für sechsstellige Beträge den Besitzer wechselt. Nun wird also auch auf deutscher Seite ermittelt, und die Wege der Konstanzer Kommissarin Klara Blum und des Thurgauers Lüthi kreuzen sich.

Worum geht’s noch?

Der Mordfall führt gewissermaßen zurück in die Zeit der badischen Revolution 1848: Die adlige Dichterin Annette von Droste-Hülshoff (die wirklich bis zu ihrem Tod 1848 am Bodensee lebte) hätte einen Revolutionsanhänger heiraten sollen, der Wein war schon bestellt, ihr Angebeteter verschwand aber mitsamt den Flaschen. Nun tauchen regelmäßig weitere Exemplare des wertvollen Weines auf. Während die Ermittler also versuchen, zwischen Mord, Betrug und Steuerhinterziehung ein Muster auszumachen, spielt auch die historische Komponente eine Rolle - Blum hätte es mit dem "ältesten Mord in der Tatort-Geschichte zu tun", wirbt der Schweizer SRF, der den "Tatort" gemeinsam mit dem deutschen SWR produzierte.

Wer ermittelt?

Klara Blum (Eva Mattes) und ihr Kollege Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) sind die Konstanzer Hauptkommissare - noch, denn wie der SWR mitteilte, wird der Bodensee-Tatort mit den beiden 2016 eingestellt. Gut so: Witz, Feuer oder zumindest ein wenig Charme kommt zwischen der temperamentlosen, irgendwie naiven Kommissarin und dem Workaholic ohnehin nicht auf. Die wahre Ermittlungsarbeit übernimmt diesmal der Schweizer Matteo Lüthi (Burgschauspieler Roland Koch), der den Kostanzer Ermittlern schon einige Male zur Seite stand. Er ist kompromisslos, cool und vielschichtig - und nimmt in diesem "Tatort" die Dinge in die Hand.

Was gefällt?

Lüthi, der die schwerfälligen Ermittlungen der Deutschen mit Bestimmung und einem Hauch Selbstjustiz vorantreibt (Wer braucht schon Durchsuchungsbefehle?). Um die bürokratisch verkomplizierte Kooperation über die Ländergrenze zu umgehen, lässt er etwa eine Akte "unauffällig" liegen, während er kurz aufs Klo geht. Von solchen Aktionen lässt sich auch die liebesbedürftige Blum beeindrucken. Die gepflegten Mittvierziger-Flirtszenen zwischen den beiden wirken aber zu gewollt, der Funke will nicht springen - auch nicht ins Fernsehpublikum.

Wo hakt's?

Schwerfällige Dialoge, eine träge Handlung - dieser "Tatort" kommt nicht in Fahrt. Regisseur Marc Rensing will offensichtlich auf zwei Zeitebenen erzählen, doch die historische Verbindung greift nicht, da helfen auch die wenige Sekunden langen Einschübe nicht, die - wie in Dokus mit halbherzigen historischen Nachinszenierungen - die Schüsse und Grausamkeiten der Revolution zeigen. Noch dazu hinkt die Ermittlungsarbeit allen geltenden Krimistandards hinterher: Da werden Beweismittel mir nichts, dir nichts, über die Grenze geschafft - von der Kommissarin selbst. Und am Ende ist ihr Kollege schon stundenlang verschwunden, als ihr - als wäre es eine detektivische Eingebung - die naheliegende Frage über die Lippen rutscht: "Was hat er denn als Letztes gemacht?"

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