Im „Die Wiederkehr“ taucht ein vermisstes Mädchen nach zehn Jahren wieder auf. Kommissarin Lürsen lüftet ein erdrückendes Familiengeheimnis.
Unsere Wertung für diesen "Tatort":
3,5 von 5 Punkten
Worum geht’s?
Zehn Jahre galt Fiona als vermisst. Die Polizei ist sicher: Der alkoholkranke Vater hat die Achtjährige umgebracht und irgendwo versteckt. Nach einem scharfen Verhör hat er sich in seiner Zelle erhängt. Seither versucht Fionas Mutter mit den zwei verbliebenen Kindern so etwas wie ein normales Leben zu führen – bis ein Teenager mit pinken Haaren und grünen Nägeln vor der Tür steht. Fiona?
Worum geht's wirklich?
Darf man seinen Mann verraten, um das eigene Kind zu schützen? Dieses moralische Dilemma ist der eigentliche Angelpunkt, um den sich diese "Tatort"-Folge dreht. Und am Ende löst sich die Frage, ob die Wahrheit immer schonungslos offengelegt werden muss, im Wohlgefallen einer nicht ganz korrekten Amtshandlung auf.
Wer ermittelt?
Inga Lürsen (Sabine Postel) ist als Kommissarin eine Überzeugungstäterin: Sie ist geschieden und eine bekennende Rabenmutter – alles dreht sich nur um den Job. Entsprechend humorlos ackert sie sich durch ihre Fälle, und man kann es Fionas Mutter (in allen emotionalen Schattierungen brillant: Gabriela Maria Schmeide) nicht verdenken, dass sie zu dieser Frau kein Vertrauen hat. Dabei ist sie die einzige, die von Anfang an weiß, dass es nicht stimmt, was alle glauben: Lürsen hätte Fionas Vater, den Mörder, beim Verhör so in die Enge getrieben, dass er aus Schuldgefühlen Selbstmord beging. Lürsens Compagnon in Bremen ist Nils Stedefreund (Oliver Mommsen): zuverlässig, ernst, unauffällig.
Was gefällt?
Das ist nicht die übliche Wir-suchen-einen-Mörder-Story. Denn zunächst gibt es nur einen Toten – und der hat sich selbst erhängt. Lange hält sich die Ungewissheit: Ist die Teenie-Fiona wirklich das blonde kleine Mädchen, das so herzig vom Geburtstagsfoto lacht? Ist nur der essgestörte Sohn ein Fall für die Therapeutin oder hat die Mutter nicht auch dringenden Therapiebedarf? In diesem Fall haben die Männer aber weitgehend Sendepause – vielmehr liegt hier das ganze Potenzial in den Frauenrollen: Fionas Mutter hasst Kommissarin Lürsen (die angeblich ihren Mann auf dem Gewissen hat), Lürsen belauert die Witwe wie ein Kettenhund (weil sie ihr verdächtig vorkommt). Und Fiona? Gro Swantje Kohlhof interpretiert die Rolle als Mischung aus naivem Backfisch und traumatisierter Psychopathin - Gänsehautmomente inklusive.
Wo hakt's?
Unkonventioneller Inhalt, konventionelle Verpackung. Innovation oder Ideenreichtum in der Umsetzung sehen anders aus. Auch ist Postel in der Rolle der Kommissarin weitgehend emotionsbefreit. Erst ganz zum Schluss, bei einer Aussprache mit Fionas Mutter, bei der die erdrückend traurige Wahrheit ans Licht kommt, zeigt sie, dass sie nicht nur mit Hirn ausgestattet ist, sondern auch mit Herz.
"Tatort: Die Wiederkehr": Sonntag, 15. 3., 20.15 Uhr, ORF 2/ARD