In der "Tatort"-Folge "LU" dominiert die Eifersucht. Aber nicht zwischen Mörder und Opfer, sondern zwischen den Ermittlerinnen. Sonntag im ORF.
Unsere Wertung:
3,5 von 5 Punkten
Worum geht’s in „LU“?
Ein Mann stürzt vom Dach der „Tortenschachtel“ (einem Shopping-Center in Ludwigshafen). Ein Unterweltler, das ist den Ermittlern sofort klar. Der Tote – ein mutmaßlicher Auftragsmörder - war seit 15 Jahren nicht in der Stadt. So wie auch Lu (Jürgen Vogel). Immer wieder sieht man in Rückblenden, wie Lu jene Kugel streift, die ihm das Gesicht zerfetzt und eine hässliche Narbe zurückgelassen hat. Lu nennt das salopp einen „Betriebsunfall“. Doch es ist kein Zufall, dass er und der Tote zurück kamen. Vor 15 Jahren wurde auch der Mord an einem Chemiker begangen – er war ein Freund von Mark Moss, der gerade dabei ist, in den Vorstand der Chemiefabrik befördert zu werden. Doch Kommissarin Lena Odenthals Instinkt sagt ihr, dass der Saubermann womöglich gar keine so weiße Weste hat, wie er vorgibt.
Wer ermittelt?
Nicht nur in München (man erinnere sich an den Fall von vergangener Woche), auch in Ludwigshafen hängt der Haussegen im Kommissariat ziemlich schief. Mit dem Teamgeist ist es hier nicht mehr weit her, seitdem Johanna Stern (Lisa Bitter) aufgetaucht ist. Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) beäugt die intelligente, junge, blonde Kollegin wie eine Schlange – stets bereit, zuzubeißen. Ist es Eifersucht? Oder Angst, den angestammten Platz im Team zu verlieren? Den macht sich Odenthal aber vor allem selber streitig – weil sie Stern ungerecht und unfreundlich behandelt, ist sogar ihr Partner Mario Kopper (Andreas Hoppe) schlecht auf Odenthal zu sprechen. Der hat das Herumgezicke satt – aber derzeit am Tatort in Ludwigshafen einfach nicht sehr viel zu sagen. Erst, so scheint es, müssen die beiden Kampfhennen klar stellen, wer hier wo seinen Platz hat.
Was gefällt?
Der Zickenkrieg ist sehenswert. Odenthal nennt Stern eine „Schreibtischstute“ - dabei ist die doch nur wissbegierig und strebsam. Na gut, so viel Ehrgeiz kann einem dann schon auch auf die Nerven gehen. Stern wiederum belehrt die erfahrene, oft nach dem Bauchgefühl agierende Kommissarin: „Instinkt ist nur die oberflächlichste Wahrnehmungsschicht.“ Mehr braucht die nicht, um innerlich zu explodieren – aber sie gibt den Spruch bei nächster Gelegenheit gleich als eigene Weisheit wieder. Sehenswert sind auch die Außenaufnahmen von Ludwigshafen: Eine blau beleuchtete Schrägseilbrücke, eine in warmes Gelb getauchte spiralförmige Treppenanlage, die futuristisch in Szene gesetzte Chemiefabrik und die wie Ungeheuer mit leuchtenden Augen durch die Nacht gleitenden Baumaschinen machen Lust auf eine Architektur-Stadtführung. Die Bildregie verstärkt die coole Optik. Und dass Kommissarin Odenthal (fesch, aber einsam) sich auf einen Flirt mit dem Narbengesicht einlässt, sorgt für eine prickelnde Note.
Was gefällt noch?
Die resche ehemalige Puff-Mutter, die Odenthal von früher kennt, hat ein loses Mundwerk: „Mon dieu, Kommissarin! An Ihnen hat der Zahn der Zeit aber genagt!“, begrüßt sie die Ermittlerin. Kein Wunder, dass Odenthal immer wütender auf die junge Kollegin reagiert. Sie hat eine waschechte Midlifecrisis und will es sich nicht eingestehen. So weit, so realistisch.
Wo hakt's?
Auch „LU“ laboriert an der „Tatort“-Krankheit. Wenn Krimis wie am Fließband produziert werden (müssen), dann darf man es mit der Frage, wie nachvollziehbar die eine oder andere Handlung ist, nicht allzu genau nehmen. Also darf Odenthal die manchmal ein bisschen aufdringliche Stern bei der Tatortbegehung beinahe vom Dach schubsen - so anschaulich haben Kommissare selten einen Tathergang nachgestellt. Und die Story steuert zwischen Vorstandsetage und Drogenmilieu auf ein bleischweres Finale zu. Aber das ist dann auch gar nicht mehr so wichtig . . . außer vielleicht für Odenthal.
"Tatort: LU": Sonntag, 13. 12., 20.15 Uhr, ORF 2