TV-Kritik

"Tatort" Kiel: Borowskis Avatar auf Mörderjagd im Darknet

Tatort: Borowski und das dunkle Netz
Tatort: Borowski und das dunkle Netz(c) NDR/Christine Schroeder
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In "Borowski und das dunkle Netz" wird ein Cyber-Crime-Spezialist ermordet. Die Kieler Ermittler Borwoski und Brandt in einem vielschichtigen Fall zwischen Thriller und schwarzer Komödie.

Unsere Wertung für diesen Tatort

8,5 von 10 Punkten

Worum geht's in "Borowski und das dunkle Netz"? 

Bei einem Überfall auf ein Fitnessstudio wird der Leiter der Spezialabteilung für Cyber-Crime getötet. Der Täter bekam seine Anweisungen aus dem Darknet. Der ominöse Auftraggeber des Mörders hat offenbar nicht nur beste Computerkenntnisse, sondern verfügt auch über interne Informationen über das BKA. Um sich an seine Spur zu heften, müssen Borowski und Brandt diesmal die Hilfe von zwei schrängen Computer-Nerds (Yung Ngo und Mirco Kreibich) in Anspruch nehmen, die im Auftrag des BKA nach Kriminellen im Internet suchen.

Worum geht's noch?

Hier stehen einander digitale und analoge Kriminalisten gegenüber. Klaus Borowski kann nicht einmal ein Smartphone bedienen - geschweige denn, dass er eine Ahnung hätte, was ein Bitcoin oder das Darknet ist. Kollegin Sarah Brandt ist als Hackerin hingegen durchaus Talent. Im machistischen Umfeld der Kieler Polizei- und BKA-Kreise ringt sie allerdings um die ihr zustehende Anerkennung.

Wer ermittelt?

Kommissar Klaus Borowski (Axel Milberg) entgeht nichts. Er ist wohl der genaueste Beobachter unter den "Tatort"-Kommissaren - was letztlich auch in diesem Fall dazu führt, dass er dem Täter auf die Spur kommt (anhand von analogen Beweisen, versteht sich). Und er ist ein so tiefes Wasser, dass er keinen Ton der Anerkennung an seine Kollegin heraus bringt, obwohl er sie schätzt und mag  (dass sie ihm sehr am Herzen liegt, sieht man nur an kleinen Details, etwa, wenn er sie nach einem traumatischen Vorfall väterlich mit der Jacke zudeckt). Sarah Brandt (Sibel Kekilli) ist ihm eine loyale Kollegin, ärgert sich aber derart darüber, dass Borowski ihre Leistungen zu wenig würdigt dass sie überlegt, die Abteilung zu wechseln. 

Was gefällt?

Dieser "Tatort" ist vielschichtig und weit nicht so gemütlich, wie Borowskis Statur vermuten lassen würde (die Verfolgungsjagd überlässt er gerne seiner Kollegin Brandt). Der Mörder trägt Kapuze, Maske und einen Rucksack mit einem Plüschteddy am Rücken. Besser gesagt: Mit dem Kopf eines Plüschteddys, weil für den Rest kein Platz ist. Maximilian Brauer spielt diesen Auftragskiller, der dringend Geld braucht und wirkt verstört, verzweifelt, verletzlich und gefährlich. Das Drechbuch von David Wnendt (er führte auch Regie) und Thomas Wendrich schafft auch Platz für andere markante Charaktere: Svenja Hermuth ist als Hotelangestellte Rosi ein dickliches, einsames Mädchen, das dem interessanten Gast (dem Mörder) sich selbst derb anbietet ("Willst Du ficken?") und später seinen abgetrennten Finger im Klo runterspült - schwarzer Humor, der an Filme wie "Der Knochenmann" erinnert.Was gefällt noch?

Nicht nur Borowski bekommt von den beiden Nerds eine kleine Einführung in das Darknet - auch der Zuschauer. In eine kurzen Sequenz sieht man Borowski und Computerspezialist Dennis als Avatar in einem Video, das grafisch erklärt, was das Deep-Web und das Darknet sind. Bei Borowski kommt aber nur ein Bruchteil davon an - und er verzweifelt letztlich auch an seinem Smartphone: In einer charmanten Sci-Fi-Persiflage sagt er "Sabine" (er hat die Sprachsteuerung nach seiner ersten Freundin benannt): "Ich werde dich löschen!" Und sie sagt noch "Ich hab Angst", bevor das Handy aus dem Autofenster fliegt. Sehr nett!

Wo hakt's?

Die Auflösung ist überraschend - und sehr konstruiert. Aber immerhin ein Herzschlag-Finale mit Thriller-Qualitäten.

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